Wie geht eigentlich … Kadenz?

Viele haben im Reitunterricht schon gehört, dass der Reitlehrer mehr Kadenz fordert. Wer nicht weiß, was gemeint ist, sollte seinen Reitlehrer direkt fragen. Und auch wer selbst eine Vorstellung von Kadenz hat, sollte dies tun. Denn es existieren unterschiedliche Auffassungen dieses Begriffs. Und je nachdem, welche gemeint ist, wird im Sattel etwas anderes erforderlich sein.

In meinen Richtlinien* steht: „Kadenz bedeutet, dass die Schwebephase vom Pferd etwas deutlicher ausgehalten wird.“ Kadenzierte Tritte sollen im versammelten Trab nach der Rückführung aus dem Mitteltrab zu sehen sein, bei gleichzeitig weiter fleißig und taktrein untertretendem Hinterbein.

Mehr Kadenz kann auch im Galopp gefordert sein. (© Lbpetersen, Wikipedia)

Diese Definition wird wenig hilfreich sein, wenn der Reitlehrer mehr Kadenz im Galopp fordert. Schauen wir uns die nächste Definition an:

„Kadenz bezeichnet ein Maß, wie weit ein Pferd bei seiner Bewegung die Hufe vom Boden löst. Ein kadenziert gehendes Pferd ist eines, das die Beine weiter vom Boden entfernt zieht als ein flach gehendes Pferd.**“  Keine Rede von der Gangart, von Takt oder Rückentätigkeit, nur der Hinweis, dass es Rassen gibt, denen ein kadenziert wirkender Bewegungsablauf angeboren ist.

Was aber tun, wenn man ein Pferd mit eher flachen Gängen oder einem relativ geraden Bewegungsablauf im Vorderbein reitet?

Laut Waldemar Seunig*** ist Kadenz „taktmäßiges, erhaben-getragenes und dabei flüssiges Treten in den abgekürzten und Schulgangarten.“ Hier steht also die Versammlung im Vordergrund, bei gleichzeitigem Erhalt von Takt und Schwung.

Fragen Sie also nach, was gemeint ist. Es kann schlicht und ergreifend mehr Takt sein und der Reitlehrer versucht das anders zu formulieren. Er kann mehr Hinterhandaktivität meinen, wenn eine Versammlung beispielsweise von zu viel Hand herbeigeführt wurde oder es kann bedeuten, dass sie das Pferd mit dem Sitz – etwa in der Galopppirouette – besser unterstützen müssen (oder weniger stören dürfen), damit es sich optimal entfalten und tragen kann.

Sie können sich aber vor Augen führen, dass es ein Bild gibt, das in all diesen Definitionen von Kadenz enthalten ist: Erhabenheit. Und die können Sie auch durch ihre inneren Bilder erzeugen oder verstärken.

* Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 1, FN Verlag, 2000
** https://de.wikipedia.org/wiki/Kadenz_(Reiten)
*** Von der Koppel bis zur Kapriole, Waldemar Seunig, Olms Verlag, 2015