Früher liefs runder

Schlangenlinien durch die ganze Bahn in drei, vier oder fünf Bögen – die neuere Variante mit einer geraden Strecke zwischen den Halbvolten, wie es in den Richtlinien heißt, oder alt mit schrägem Passieren der Mittellinie. Was ist besser, was schlechter – oder gibt es vielleicht nur ein „Anders“?

Der alte Verlauf der Schlangenlinien durch die Bahn (grün) mit schrägem Passieren der Mittellinie verknüpft die Bögen direkt. Beim neuen Verlauf (orange) liegt eine gerade Strecke dazwischen. (© C. Götz)

Der alte Verlauf der Schlangenlinien durch die Bahn (grün) mit schrägem Passieren der Mittellinie verknüpft die Bögen direkt. Beim neuen Verlauf (orange) liegt eine gerade Strecke dazwischen. (© C. Götz)

Zuerst einmal zu den Vorzügen der alten runden Streckenführung: Sie schult und überprüft die Durchlässigkeit und Längsbiegung des Pferdes und die korrekte Hilfengebung durch den Reiter. Sie fördert die Geschicklichkeit des Reiters und die Geschmeidigkeit bei beiden und ist somit für beide von hohem gymnastischen Wert.

Die Zielsetzung bei den neuen Bögen mit geraden Strecken ist es, die Fähigkeit des Geradeausreitens zwischen den jeweiligen Bögen zu fördern. Dies fördert auch die Geraderichtung des Pferdes. Beim Reiter wird so die Koordination der Hilfen geschult. Beim Pferd wird durch diese Lektion an Gleichgewicht und Durchlässigkeit gearbeitet und kann somit auch auf dem Turnier überprüft werden.

Für mich liegt der Unterschied bei den beiden Versionen – korrekt geritten natürlich – vor allem im vorrangig lösenden, beziehungsweise vermehrt versammelnden Charakter: Legt man die gleiche Anzahl Bögen an, so lässt sich die alte Version eher am langen Zügel reiten und hat auch über die Mobilisierung des Rippenkastens lösenden Effekt. Die neue Version erfordert durch das Geradestellen nach der Halbvolte auf derselben Wegstrecke viel mehr Kontrolle und Balance, ohne dass das Pferd auf die Vorhand kommt.

Ich stimme daher dem kürzlich verstorbenen Ausbilder Paul Stecken zu, der in einem Lehrvideo sagte, man habe die Schlangenlinien – bis L einschließlich – besser rund lassen sollen: „Wegen der Einwirkung der Reiter mit den inneren Hilfen und wegen der Geschmeidigkeit der Pferde in den Rippenpartien.“

Es haben allerdings beide ihre Berechtigung und es gibt tolle Varianten für beide Versionen, die den jeweiligen Effekt noch erhöhen. Vor allem bei den geraden neuen kann man sehr schön für das Überreiten der Mittellinie vom Trab zum Schritt durchparieren. Dies erhöht noch einmal die Förderung der Durchlässigkeit und des Gleichgewichts, sowie die Kontrolle über die Geraderichtung. Bei den alten gebogenen bietet sich an, die Linienführung immer weiter vom Hufschlag entfernen. Den ersten Bogen reitet man bis zum Hufschlag, den zweiten bis zum zweiten oder dritten Hufschlag, den nächsten nur noch zur Viertellinie (abhängig von der Hallengröße). Aussitzend im Trab geritten wirkt dies versammelnd bei starker Förderung der Geschmeidigkeit.

Grundsätzlich gilt: Anfangs nur drei Bögen im Leichtraben, umsitzen über der Mittellinie nicht vergessen und langsam die Anzahl der Bögen steigern.