Tellerrand: Damensattelreiten

Ich kann jedem nur empfehlen, die Gelegenheit zu einem Ausflug in die Welt des Damensattelreitens zu nutzen, wenn sie sich einem bietet. Oder sie gezielt zu suchen, wenn man neue Erkenntnisse für seinen Sitz und dessen Möglichkeiten haben möchte – denn Damensattelreiten kann dafür eine echte Offenbarung sein: im wahrsten Sinne des Wortes.

Das Reiten im Seitsitz oder Seitsattel, wie er korrekterweise heißen sollte, und es in anderen Sprachen – etwa im Englischen – auch tut, wurde bereits im Altertum genutzt. So gibt es Darstellungen der keltischen Göttin Epona im Seitsitz. Damensattelreiten war über Jahrhunderte hinweg die gängige Form zu Pferde für Frauen, und das in allen Disziplinen. In Deutschland wurde der Damensattel erst im Jahr 1928 für schwere Springen verboten. Heute erlebt das Damensattelreiten in vielen Ländern ein Revival – auf Turnieren und in Shows.

Die Position im Damensattel: die Wirbelsäule des Reiters mittig über der des Pferdes. (© Gray Parker, Wikipedia)

Im Damensattel sitzt man mittig über der Wirbelsäule des Pferdes, mit beiden Beine auf einer Pferdeseite, üblicherweise der Linken. Über den speziellen Bau des Sattels – eine Art Teller, auf der man sitzt –, kommt der Reiter höher über das Pferd als in einem normalen Pritschensattel. Man kann sich vorstellen, dass alleine dies schon ein anders Reitgefühl bedingt. In diesem komplett anderen Reitgefühl liegt auch einer der großen Pluspunkte eines Tellerrand-Erlebnisses im Damensattel: Die Gewichtshilfe wird nicht nur wichtiger, sondern auch effektiver und für den Reiter klarer. Denn man verliert das Gleichgewicht und das Pferd die Balance, wenn man diesbezüglich zu viel macht.

Im Damensattel ist zudem der Schenkeleinsatz auf ein Minimum reduziert: Mit der Wade, die am Pferd liegt kann man lediglich so viel Druck ausüben wie mit dem Anlegen des Reitstocks auf der anderen Seite. Ein korrekt gerittenes Pferd ist also notwendig. Im Laufe einer guten Ausbildung im Damensattel wird es immer noch feiner werden. Der Damensattel deckt Fehler in Sitz und Hilfengebung auf und kann helfen, sie auch für den normalen Sattel abzustellen.

Mein eigenes Seitsitz-Tellerrand-Erlebnis brachte mir viel Spaß und eine erstaunliche Erkenntnis: Meine zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Rückenschmerzen, die aus Verspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule aufgrund erhöhter Schreibtisch-Tätigkeit resultierten, waren nach der Reitstunde im Damensattel komplett weg. Die Mobilität, die der Damensattel in Becken und Mittelpositur zwingend erfordert, waren mit ein Grund.

Wer wie ich damals die Möglichkeit hat, unter professioneller Anleitung dank einer Auswahl von Sätteln sogar auf dem eigenen Pferd Damensattelreiten zu erleben, sollte dies unbedingt machen.