Für durchlässiges Gebogensein

Die einen sagen so, die anderen so. Das ist beim Reiten auch bei Stellung und Biegung und wie sie in bestimmten Lektionen auftreten sollen der Fall. In den letzten beiden Artikeln habe ich erklärt, was biomechanisch dahintersteckt, in diesem Beitrag soll es um Übungen gehen, dies am Boden und im Sattel zu erarbeiten und spüren zu können.

Vorweg: Ich verstehe, dass man die minimale, anatomisch notwendige Rotation in der Brustwirbelsäule, die beim Übertreten – etwa in einer Vorhandwendung oder dem Schulterherein – entsteht, nicht als Biegung bezeichnen möchte, wie man sie für gebogene Linien fordert.

Allerdings ist die Folge dieser Einstellung meiner Ansicht nach zumeist, dass der Kopf fälschlicherweise mit der Hand in Stellung gebracht wird. Wenn ich Stellung nämlich mit dem Sitz reite, dann stellt(!) sich die Frage ob sie auch ohne Biegung möglich ist erst gar nicht. Denn dann entsteht ein Gebogensein, das entspannt durch den Körper geht, von allein. Bei einem fein gerittenen Pferd sogar nur aus einem minimalen Umsitzen oder lediglich indem man seinen Blick so viel wendet, wie man die Stellung ändern möchte. Und dann ist es auch egal wie stark oder gering ich die Biegung haben möchte – sie geht so durch den ganzen Körper wie die Anatomie des Pferdes es zulässt, ohne dass der Mensch drücken oder ziehen muss und das Pferd sich verwirft oder ausweicht.

Wie man das üben kann, habe ich in diesem Artikel und hier beschrieben.

Freier Blick auf Kopf und Hüfte: In etwa diese Position sollte man bei der Übung haben. (© C. Götz)

Jetzt noch ein Tipp, wie man mit dem Pferd am Boden eine Stellung erarbeiten kann, die spannungsfrei durch den Körper geht, wie ich es im ersten Beitrag erklärt habe: Das Pferd ist auf Cavecon oder Kappzaum gezäumt, der Ring in der Mitte wird genutzt. Man steht minimal seitlich versetzt vor dem Pferd, sodass man die jeweils innere Hüfte sehen kann. Diese soll bei leichter Stellung minimal nach vorne kommen. Das heißt, die im Genick ausgelöste Stellung geht durch den Körper bis zum Becken. Die Höhe des Halses variiert dabei – nach Exterieur des Pferdes – zwischen Genick nicht unterhalb des Widerrists und Nase nicht wesentlich oberhalb des Buggelenks. Das Pferd muss möglichst gleichmäßig auf allen Vieren stehen.

Ich finde diese Übung toll, weil sie den Pferden ihren Körper bewusst macht. Sie spüren, wie sie sich in Stellung und Biegung entspannen können. Und sie werden geschult, sich auf feinste Hilfen in diese Position zu begeben. Die Übung fördert die Balance sowie die Geraderichtung und kann – richtig ausgeführt – helfen, die Pferde auf die Hinterhand zu bringen. Allerdings kann ich nicht dazu raten, die Übung als Einsteiger mit einem Pferd zu erlernen, das sie ebenfalls noch nicht kennt.