Was ist eigentlich … Stellung und Biegung?

Gestellt aber nicht gebogen, gestellt und gebogen, Reiten in Stellung … Der Begriff taucht in vielen verschiedenen reiterlichen Lektionen und Zusammenhängen auf. Doch was steckt eigentlich dahinter? Und wie erreichen Reiterinnen* die biomechanisch korrekte Stellung? Hier ein paar Erklärungen, Tipps und Übungen.

Es gibt keine Stellung ohne Biegung, sagen die einen, die anderen halten es mit den Richtlinien der FN, in denen steht: „Es gibt keine Biegung ohne Stellung, während Stellung ohne Biegung durchaus möglich ist und in einzelnen Lektionen, wie z. B. Schenkelweichen auch verlangt wird.“** Was ist nun richtig?

Die Vertreter der Stellung-ohne-Biegung-These fragen: Wo findet Stellung statt? Antwort – im Genick (Hinterhauptsbein, Atlas und Axis). Diejenigen, für die zur Stellung Biegung zwingend gehört, sagen: Im Genick fängt die Stellung an. Und indem sie sich in einem entspannten, durchlässigen Pferd fortsetzt, erreicht sie auch die Hinterhand.

So sähe das Skelett für uns vom Rücken des Pferdes aus, wenn wir Röntgenblick hätten. (© C. Götz)

Denn das Pferd besteht nicht nur aus Knochen. Es ist über Sehnen, Bänder, Muskeln und Faszien – über die Muskelketten – von der Nasenspitze bis zur Schweifrübe verbunden. Stellt man das Pferd im Genick, folgt der ganze Körper bis in die Schweifrübe dieser Bewegung. Gesetzt den Fall, das Pferd ist entspannt. Ist es das nicht, wird es die Bewegung blockieren – üblicherweise entweder im Halsansatz oder im vorderen Teil der Brustwirbelsäule.

Folgt der Hals entspannt dem gestellten Genick, kippt der Mähnenkamm. Folgt die Brustwirbelsäule entspannt der Stellung im Genick, beginnt bereits eine leichte Rotation im Rippenkasten. Geht diese Rotation störungsfrei bis zur Lendenwirbelsäule wird dies daran sichtbar, dass die Hüfte der inneren Hand sich minimal nach vorne bewegt. Dazu später mehr.

Der Spruch „es gibt keine Stellung ohne Biegung“ ist also biomechanisch richtig. Beim korrekt ausgebildeten, fein gerittenen Pferd folgt der Stellung immer ein Gebogensein durch den Körper. Dazu gehört aber, aus dem Sitz zu reiten und Stellung nicht mit den Händen zu erzwingen.

In den nächsten Beiträgen erkläre ich, wie man das übt und welches Ei sich die FN meiner Meinung nach mit ihrer Forderung nach Stellung ohne Biegung** gelegt hat.

* Deshalb gendere ich.

** Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 1, FN Verlag, 27. Auflage, Seite 108