Gute Gesellschaft

Mag Ihr Pferd seine Boxennachbarn? Warum das wichtig ist? Stress mit Artgenossen ist für Pferde ein essentielles Problem, das sie auf unterschiedliche Art richtig krank machen kann. In der Box kann es diesem Problem nicht aus dem Weg gehen. Und das ist leider vielen Pferdebesitzerinnen* nicht klar und vielen Stallbetreiberinnen egal.

Wer meint, das sei vor allem ein Problem von Offenställen, täuscht sich. In Boxenhaltung habe ich leider auch zu oft erlebt, wie Pferde sich dauerhaft kaputt machen, weil der Mensch nicht entsprechend reagiert. Anders als im Offenstall kann ein Pferd einem verhassten Boxennachbarn nicht aus dem Weg gehen.

Ganz offensichtlich ist es, wenn Pferde massiv gegen die Boxenwände Richtung Nachbar treten. Selbst dann hängen wir Menschen lieber Matten an die Wände, als den Versuch zu machen, für dieses Pferd die Haltung zu optimieren. Besonders heftig sind die gegenseitigen Verletzungen oft in Paddockboxen.

Und natürlich wird bei weniger offenkundigen Abwehrhaltungen erst recht nichts unternommen. Das Pferd hat Stress, wenn es …

  • beim Hinein- oder Hinausführen aus der Box vom Nachbarn angegiftet wird.
  • beim Hinein- oder Hinausführen des Nachbarn aus der Box diesen angiftet.
  • beim Fressen jede Bewegung in der Nachbarbox beobachtet.
  • bei jedem Blickkontakt des Nachbarn Unwillen oder Abwehr zeigt.

Stress schüttet Cortisol und Adrenalin aus. Dauerhafter Stress macht die Pferde krank. Einige bekommen Magengeschwüre, andere reagieren mit Koliken oder Kotwasser und auch das Immunsystem leidet, sodass sogar die Entstehung von Allergien auch bei Pferden auf Stress beruhen kann. Auch der Bewegungsapparat leidet unter Dauerstress – da muss das Pferd nicht einmal seine Knochen durchs Treten an die Wände ruinieren. Denn Stress verspannt und der Stoffwechsel kommt aus dem Gleichgewicht. Dies geht schlussendlich auch auf Kosten der Gelenke.

Natürlich ist es nicht nur der Stress mit dem Boxennachbarn, der ein Pferd stressen kann. Mangelnde freie Bewegung und mangelnde Sozialkontakte stehen bei dieser Haltung ebenfalls häufig im Fokus.

Auf die Koppel lässt man Pferde, die sich nicht vertragen, normalerweise nicht gemeinsam. (© R. Simmer)

Viele Pferde gewöhnen sich tatsächlich nach einer gewissen Zeit aneinander, so wie sie sich auch in einer Herde einleben, wenn sie ihren Platz gefunden haben. Aber viele Pferde schließen mit der Situation auch einfach ab und leiden stumm weiter oder zeigen nur noch eine geringe Abwehr, die aber auf den Stress, den sie eigentlich innerlich haben, keine genauen Rückschlüsse zulassen.

In einem Offenstall reagiert man üblicherweise, wenn ein Pferd auch nach einer Zeit des Eingewöhnens gar nicht in der Herde zurechtkommt, indem man einen anderen Stall oder eine andere Haltung sucht. Das sollte auch für Boxenställe gelten, wo es eine wesentlich einfachere Maßnahme darstellt.

Mein Tipp: Wenn Sie nicht sicher sind, wie es Ihrem Pferd mit seinen Nachbarn geht – fragen Sie sich, ob Sie sie zusammen auf die Koppel stellen würden …

In diesem Beitrag habe ich darüber geschrieben, wie sich Stress mit Artgenossen beim Reiten äußern kann.

* Ich habe mich aus diesem Grund fürs Gendern entschieden.