Die LPO 2018 soll „eine Klarstellung hinsichtlich der Verschnallung des Reithalfters“ enthalten, wie ich im vorherigen Beitrag berichtete. Die FN möchte nämlich „die Maultätigkeit (Kauen) des Pferdes“ nicht unterbinden. Wer jetzt schon wissen möchte, wie man das sicherstellt, sollte weiterlesen.
Meiner Ansicht nach, ist es notwendig, zu wissen, warum das Kauen so wichtig für das Pferd ist. Das habe ich hier erklärt.
Wie das Pferd trotz Reithalfter noch kauen kann, haben vor einigen Jahren Prof. Dr. Dr.h.c. Holger Preuschoft vom ehemaligen Anatomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum und Kathrin Kienapfel untersucht. In der Fachzeitschrift Pferdeheilkunde veröffentlichten sie 2010 unter dem Titel „Viel zu eng! Über die Verschnallung der Nasenriemen“ die Ergebnisse. Diese zeigen unter anderem genau, mit welcher Verschnallung, welcher Grad an Maulöffnung zu erreichen ist:
Ausgehend vom zugezogenen Maul bewirkt eine Lockerung des Nasenriemens am englischen oder kombinierten Reithalfter um ein Loch dem Pferd die Möglichkeit, seine Schneidezähne um ca. 20 mm voneinander zu entfernen, wenn die Entfernung zwischen den Löchern am Riemen 2 cm beträgt. Liegen die Löcher 2,5 cm auseinander ist die Öffnung zwischen den Schneidezähnen ca. 27 mm breit. Preuschofts Schlussfolgerung: „Um also eine für das Pferd spürbare Erleichterung zu schaffen, sollten, ausgehend vom zugezogenen Maul, zwei Löcher nachgelassen werden!“
Wem der Abstand zwischen den Schneidezähnen weit vorkommt, der sollte sich klarmachen, dass entspanntes Kauen einen Mindestabstand zwischen den Mahlzähnen hinten im Maul erfordert. Und der ist immer kleiner als der zwischen den Schneidezähnen.
Eine Möglichkeit, zu überprüfen, ob das Pferd mit der verwendeten Verschnallung des Reithalfters kauen kann, beschreibt Preuschoft ebenfalls: Kann das Pferd ein Leckerchen in der Größe oder mit dem Durchmesser eines Zuckerstücks aufnehmen, gilt die Öffnung des Mauls gerade als weit genug. Diesen Maßstab kennt man unter anderem von der Spanischen Hofreitschule in Wien, wo Zucker als Belohnung gereicht wurde.
Sie können sich natürlich einfach an die traditionelle Anweisung halten, die zwei Finger nebeneinander zwischen Nasenrücken und englischem Nasenriemen fordert. Diese Zwei-Finger-Regel wurde ebenfalls vor einigen Jahren wissenschaftlich geprüft und daraufhin ein standardisiertes Tool entwickelt.
Aus osteopathischer Sicht sind für entspanntes Kauen manchmal sogar mehr als zwei Finger Platz nötig. Anatomie von Zunge und Kiefer spielen eine Rolle. Es hängt zudem von der Dicke und Form des Gebisses ab, wie viel Platz das Pferd unter dem Reithalfter benötigt.
Wie man diese individuelle Verschnallung herausfindet, erkläre ich im nächsten Beitrag.