Ein Pferd ist nur so gut, wie sein schlechtester Huf. Der Spruch ist sehr alt. Aber was bedeutet er? Ist es nur ein Sprichwort, das in eine Reihe passt mit „eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied“? Gibt es immer einen Huf, der schlechter ist als die anderen? Und was bedeutet „schlecht“ in diesem Zusammenhang denn eigentlich?
Jedes Sprichwort hat einen wahren Kern. Der Spruch mit dem schlechtesten Huf zeigt, dass bei der Leistungsfähigkeit von Pferden die Hufe eine entscheidende Rolle spielen. Er legt aber auch nahe, dass jedes Pferd so einen Huf hat. Und das ist grundsätzlich richtig. Denn kein Lebewesen der Welt ist völlig symmetrisch.
Symmetrie ist aber das Zauberwort, wenn es um gleichmäßige Gewichtsverteilung geht. Die wiederum sorgt dafür, dass keine Überlastung stattfindet. Möglichst gleichmäßig sollten beim Pferd nicht nur die Hufe selbst sein, sondern auch seine Gliedmaßen sowie die Muskulatur – sowohl die der beiden Körperseiten, als auch die von Vor-, Mittel- und Hinterhand. Die Gleichmäßigkeit zieht sich aus biomechanischer Sicht noch weiter: So sollen Beuger und Strecker in ausgewogenem Verhältnis zueinander stehen, um Überlastungen – auch in anderen Körperteilen – zu vermeiden.
Da Pferde aber, genau wie wir, allein durch Rechts- und Linkshändigkeit Symmetrie einbüßen, wirkt sich dies auch bis in ihre Hufe aus. Es gibt einen Huf, der mehr Gewicht trägt und der deshalb in der Regel nicht genau wie sein Gegenüber geformt ist. Besonders deutlich wird dies oft an der Vorhand, da sie ohnehin mehr Gewicht trägt.
Viele Reiter lernen, dass die natürliche Schiefe des Pferdes mit entsprechender Gymnastizierung auszugleichen sei, damit das Pferd seine Arbeit unter dem Reiter oder vor der Kutsche gesund leisten könne. Das ist natürlich richtig. Doch es fängt viel früher an: Denn schon beim Fohlen braucht es eine Hufpflege, die konsequent und in entsprechend kurzen Abständen dafür sorgt, dass sich möglichst keine großen Unterschiede zwischen den einzelnen Hufen beim ansonsten gesunden Pferd entwickeln.
Und schon beim Fohlen ist es manchmal nicht ganz einfach, Henne und Ei zu unterscheiden: Lässt sich der Huf nämlich nicht korrigieren, ist es sehr wahrscheinlich, dass das eigentliche Problem weiter oben sitzt – zumeist als Verspannungen der Muskulatur oder Blockierungen osteopathischer Natur. Und manchmal bedingen sich die Probleme gegenseitig.
Mehr dazu im nächsten Beitrag mit einem Fallbeispiel und zum Thema ungleiche Vorderhufe – auch High-Low-Heel-Syndrom genannt – in Kürze.