Rechts- oder Linkshänder?

Ist Ihr Pferd ein Rechts- und Linkshänder? Woran Sie das erkennen und wofür es gut ist, das zu wissen, werden Sie ebenso erfahren, wie die beste Erklärung, die ich jemals zu Händigkeit von Pferden gelesen habe. Und wissenschaftliche Beweise gibt es dafür auch noch.

Die Händigkeit ist eine Sache, die Menschen schon lange fasziniert und beschäftigt. Auch unter Neandertalern gab es Linkshänder, wie archäologische Funde zeigen. Und auch wenn die Ursachen dafür völlig unklar sind, Fakt ist: Überall auf der Welt gibt es etwa 15 Prozent Linkshänder. Bei Pferden ist das ähnlich.

Nur wie man sie bei ihnen herausfindet ist gar nicht so klar. Mähne, Haarwirbel an der Stirn, ein- oder ausgedrehte Hufe, flache und steile Hufe oder der Blinddarm – zu nahezu allem gibt es Theorien und Experimente.

Neuere Tests zeigen eigentlich eher, wie schwierig es ist, herauszufinden, welche Händigkeit das Pferd hat. Das war auch der Ergebnis einer deutschen Studie, die letztes Jahr auf der Konferenz der Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaften (ISES) präsentiert wurde.

Sie ergab, dass die Beurteilung durch Reiter am effektivsten ist. Anhand diverser Dressurlektionen konnten diese mit hoher Zuverlässigkeit angeben, welche Seite die bessere bzw. stärkere bei dem jeweiligen Pferd war. Meiner Erfahrung nach braucht es allerdings keinen guten Reiter und Dressurlektionen, um das herauszufinden: Das gelingt auch dem noch wenig erfahrenen Reiter schnell – und zwar am besten im Gelände.

Die Fußfolge im Linksgalopp lautet rechter Hinterhuf, linker Hinterhuf plus rechter Vorderhuf, linker Vorderhuf, Schwebephase. Hier sieht man wie das rechte Vorderbein das Gewicht trägt und weiterschiebt. Das braucht Kraft. Wohingegen die Einbeinstütze links von diesem Schwung anschließend profitiert. (© A.S., Pixelio)

Der Galopp, den das (gesunde) Pferd auf gerader Strecke – idealerweise nur auf Stimmkommando – (öfter) wählt, zeigt seine Händigkeit meist recht gut. Rechtshänder wählen in der Regel Linksgalopp und umgekehrt. Der Grund dafür ist, „dass im Linksgalopp der rechte Vorderfuß auch auf der Geraden die meiste Arbeit zu leisten hat“, so Tierarzt Dr. Wilhelm Blendinger*. Und das wiederum liegt an der Fußfolge (siehe Foto): Denn der rechte Vorderfuß muss im Linksgalopp „zuerst, nämlich vor dem linken Vorderfuß, das Gewicht der Vorhand (…) auffangen und dann auch wieder zuerst abschwingen.“ Die Mehrzahl der Pferde will dies als Rechtshänder mit der starken rechten Vorhand leisten und wählt eben deswegen den Linksgalopp.

Und das ist auch der Grund, warum wir darauf achten sollten, das Pferd auf beiden Händen zu galoppieren – auch im Gelände: Sinnvoll ist, zumindest gleichwertig Links- und Rechtsgalopp zu reiten – oder die schwächere Seite sogar vermehrt zu trainieren, wie diese Studie zur Lastaufnahme im Galopp zeigt.

Auch beim Leichttraben wird das Pferd für uns eher seine stärkere Hand wählen. Wie es das macht, darüber mehr im nächsten Beitrag.

* Wilhelm Blendinger: Psychologie und Verhaltensweisen des Pferdes, Verlag Paul Parey 1988, Seite 122 ff