Das Pferd so zu füttern, dass es gesund und leistungsbereit ist, war viele Jahrtausende lang die oberste Priorität für jeden, der dafür verantwortlich war – zumeist der Stallmeister. Schon im Mittelalter war dieser Berufsstand hoch angesehen. Das lag an der Verantwortung für Leib und Leben derjenigen, die auf die Pferde angewiesen waren. Heute ist das anders …
… und deshalb ist es gut, dass es Bücher über Pferdefütterung gibt, die die Grundlagen der Fütterung offenlegen. Denn heute werden die Stallbetreiber als Dienstleister vielfach von ihren Kunden genötigt, Fütterungskonzepte umzusetzen, die dem Pferd mehr schaden als nützen. Das zeigt allein die in den letzten Jahren immer weiter steigende Zahl übergewichtiger Pferde und damit in Folge die wachsende Zahl von Ekzemen, Rehe oder EMS.
Das von Agrarwissenschaftler Dr. Hans-Peter Karp geschriebene Buch „Gesunde Pferdefütterung“* wurde nun unter Einbeziehung der aktuellsten Empfehlungen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie überarbeitet. Laut Verlag benennt der Autor „alle notwendigen Informationen zur geänderten Energiebewertung von Futtermitteln und stellt an die neuen Richtlinien angepasste Futterpläne vor“.
Was mir an dem Buch gefällt:
- Es zeigt, wie man grundsätzlich eine Rationsberechnung durchführt.
- Es zeigt anhand von Beispielen, wie sich die Fütterung ein und desselben Pferdes in Sachen Raufutter ändern muss, wenn man einzelne Komponenten gegen andere austauscht, also z.B. mehr Kraftfutter oder mehr Saftfutter füttert.
- Es zeigt anhand von Beispielen, was für ein Pferd Arbeit bedeutet und wie viel es dafür an Energie zusätzlich zum Erhaltungsbedarf braucht.
Was mir an dem Buch nicht so zusagt:
- Das Buch ist sehr an der Boxenhaltung und an den Bedürfnissen der Sportreiterei orientiert und an entsprechendem Energiebedarf. So sind zwar melassierte Rübenschnitzel enthalten, aber unmelassierte nicht.
- Zwar wird gesagt, dass Robustrassen eine optimalere Futterverwertung haben – oft zu bis zu 20 Prozent besser als ein Warmblut; an anderer Stelle findet man ein Fütterungsbeispiel für einen Haflinger mit 10,5 kg Heu. Alle adipösen Haflinger, die ich bislang kennengelernt habe, wurden – auch wenn sie gearbeitet wurden – bereits mit deutlich geringeren Mengen fett.
- Das angeblich idealgewichtige Pferd hat mit Sicherheit einen BCS zwischen 6 und 7 und ist damit deutlich jenseits des für den Körper und die Gesundheit idealen Wertes von 5,5.
Mein Fazit: Das Buch ist super, um zu verstehen, wie eine Ration berechnet werden kann und wo man das eigene Futter untersuchen lassen kann, um diese Berechnung möglichst genau zu gestalten. Da immer mehr Pferdehalter ihren Stallbetreibern Vorgaben diesbezüglich machen, wäre es sehr wünschenswert, wenn beide sich mit Rationsberechnungen auskennen. Ich kann es jedem Pferdebesitzer nur empfehlen, sich einmal grundlegend damit zu befassen. Ansonsten wünsche ich mir, dass bald eine Umkehr stattfindet, und eigentlich übergewichtige Pferde nicht mehr als normalgewichtig empfunden werden.