Nichts beeindruckt Pferde mehr, als wenn wir ihnen einen kleinen Schritt voraus sind. Das ist meine Bilanz aus 45 Jahren Umgang und Reiten. Besonders deutlich wird das natürlich vor allem in Situationen, in denen es wichtig ist, das Verhalten von Pferden vorauszuahnen und souverän zu reagieren oder einzugreifen – im Kleinen und im Großen …
Die Beispiele für solch ein Eingreifen sind teilweise so banal, dass viele Pferdemenschen jetzt bestimmt sagen werden – es lohnt sich nicht, sich darüber Gedanken zu machen. Das sehe ich anders: Denn wenn ich weiß, was ich da gerade tue, kann ich das für andere Situationen noch besser umsetzen, in denen es für mich bislang noch nicht selbstverständlich ist.
Wer also weiß, dass das Pferd einen beim Führen immer überholen möchte, der sollte lernen zu erkennen, wann der erste Impuls des jeweiligen Pferdes für dieses Verhalten kommt. Das gilt im Grunde genommen für jede andere Verhaltensweise, die man abstellen möchte auch – unabhängig davon, ob man bereits anderweitig daran trainiert, ein unerwünschtes Verhalten zu verändern.
Um frühzeitig wahrzunehmen, wann sich am Verhalten des Pferdes etwas ändert, sollte man möglichst alle seine Sinne einbeziehen – die Augen, die Ohren, den Gleichgewichtssinn (wenn man auf dem Pferd sitzt) und die Rezeptoren in unseren Händen, wenn man Kontakt zum Pferd hat.
Um bei dem Beispiel des Führens zu bleiben: Oft kann man eher hören, dass sich der Takt oder das Auffußen selbst verändert, als man visuell erkennt, dass das Pferd einen überholen möchte. Auch der Atem und die Höhe der Nüstern aus denen er strömt können in so einer Situation Hinweise geben, dass sich gleich etwas ereignen wird, was man nicht möchte. Und wer im Moment und mit dem Pferd verbunden ist, der lernt es, zu spüren, bevor sich etwas tut.
Greift man nun frühzeitig ein, hat das zwei große Vorteile: Man kann die Korrektur sehr viel sanfter ausführen, als wenn das Pferd schon an einem vorbeigerauscht ist oder getan hat, was immer es tun wollte. Und Pferde sind in der Regel schwer beeindruckt von diesem Vorgehen.
So antizipatorisch – also vorausahnend – zu handeln kann man lernen. Es braucht dafür nur die Achtsamkeit für den Moment und die Vorstellung und das Wissen, woran man, mit welchen Mitteln gerade arbeiten will: Körpersprache, Stimme, Seil, Gerte oder im Sattel Gewicht, Schenkel und Zügel und wie man sie nutzen möchte.
Was passiert, wenn das Pferd einem einen Schritt voraus ist – was gut und was schlecht daran sein kann – lesen Sie in einem der nächsten Beiträge.
In diesem Artikel habe ich bereits geschrieben, wie man das Führen eines Pferdes und die eigene Achtsamkeit üben kann.