Präsent und authentisch

In diesem Beitrag ging es darum, was es uns und den Pferden bringt, wenn wir bei uns sind: wenn wir präsent und authentisch handeln und reagieren. Jeder Reiter hat schon einmal erlebt, was passiert, wenn er nicht bei sich ist, wenn er sich aus dem (inneren) Gleichgewicht bringen lässt. Die nächste Stufe ist, sich bewusst zu machen, dass man auf vielfältige Weise trainieren kann, dass es nicht dazu kommt.

Achtsamkeit heißt das Stichwort, wenn es darum geht, auch am Pferd ganz und gar in der Gegenwart und bei sich selber zu sein. Was heißt das? Wer in Gedanken beim Ausreiten bei der nervtötenden Arbeitsbesprechung vom Vormittag ist, muss sich nicht wundern, wenn das Pferd an jeder Ecke Gespenster sieht. Und er muss sich nicht wundern, dass er nicht so handeln kann, wie er gerne möchte, wenn eine kritische Situation – etwa in Form eines freilaufenden Hundes – auftaucht.

Für ein Foto wie dieses – mitten auf der Straße ohne weitere Hilfe – braucht es von beiden Seiten viel Achtsamkeit. (© C. Götz)

Für ein Foto wie dieses – mitten auf der Straße ohne weitere Hilfe – braucht es von beiden Seiten viel Achtsamkeit. (© C. Götz)

Achtsamkeit kann man üben. Denn ein wichtiger Teil der Achtsamkeit ist unsere Wahrnehmung. Die beginnt mit uns selbst. Mit Körperschulungs- und Atemübungen kann man sie trainieren. Ein anderer Aspekt ist die innere Einstellung. Auch sie kann man trainieren.

Viele dieser verlinkten Übungen kann man auch am Pferd und mit dem Pferd üben. Hier noch eine weitere Übung, die sich fantastisch für die Verbindung von eigener Achtsamkeit und der Arbeit mit dem Pferd eignet: das Führen. Können Sie schon, machen Sie jeden Tag. Gut, aber wie? Rennt das Pferd sie halb über den Haufen, zockelt es hinter ihnen bis der Strick sich spannt? Versucht es zu grasen, sie zu überholen oder das Tempo zu bestimmen?

Besonders letzteres ist vielen Reitern überhaupt nicht klar. Auch ein Pferd, das brav am Strick mitläuft kann sein Programm durchsetzen, indem es sein Tempo läuft und nicht das Ihre. Und sein Tempo muss nicht das Beste sein – weder aus trainingstechnischer noch aus gesundheitlicher Sicht.

Wenn das Pferd sich also von Ihnen führen lässt und keines der oben genannten Probleme zeigt, dann üben Sie, das Tempo zu bestimmen und zu variieren. Anfangs helfen klare Stimm- und körpersprachliche Signale. Später verfeinern Sie diese Übung, indem Sie die offensichtlichen Signale verkleinern und reduzieren. Sie können auch lernen, wie sie sich mit dem Pferd verbinden – etwa indem Sie ihre Schrittfrequenz aufeinander abstimmen. Wenn Sie Ihre Achtsamkeit schulen werden Sie schneller im Erkennen, wann das Pferd nicht mehr „bei Ihnen“ ist und später auch, wann es gleich nicht mehr bei Ihnen sein wird.