Ohne Dehnung keine Leistung und keine Versammlung! So lässt sich der Sinn und Zweck der Dehnungshaltung auf den Punkt bringen. Denn Muskulatur muss nicht nur aufgewärmt werden, um gut arbeiten zu können – die Dehnung hat einen entscheidenden Effekt auf die Qualität der Muskelarbeit.
Dazu muss man verstehen, dass bei Muskelarbeit Energie frei wird, wenn ein Muskel sich verkürzt. Wenn man Muskeln optimal arbeitsfähig machen möchte, muss man sie in ihrem physiologischen Bereich elastisch halten. Dies ist die Voraussetzung, dass die Muskulatur nach erfolgter Kontraktion wieder in den Ausgangszustand gelangen kann. Die Muskulatur muss sich im Rahmen ihrer Elastizität also verletzungsfrei öffnen können, damit sie kontraktionsfähig bleibt.
Doch auch die Losgelassenheit der skelett- und gelenknahen Muskulatur ist immens wichtig. Sind hier Verspannungen oder Verkürzungen vorhanden, verursachen sie so genannte Blockierungen an den Gelenken. Diese verhindern reelle Versammlung ebenso wie eine effektive Dehnungshaltung und schaden auf lange Sicht den Gelenken und dem Bandapparat.
Warum beeinflusst das Exterieur die Biomechanik? Die Fortbewegung des Pferdes beruht – wie bei allen muskelbewegten Lebewesen – auf einem abwechselnden Stören und Wiederherstellen des Gleichgewichts, also auf dynamischen und statischen Momenten. Das Exterieur des Pferdes hat einen Einfluss auf diesen Prozess, da alles, was sich am Pferd bewegt, durch unterschiedliche Hebel Auswirkungen auf einen oder mehrere andere Körperteile und damit auf die gesamte Balance hat. Nicht zu vergessen: Ein Mensch auf dem Rücken ist ein weiterer Faktor für die Dehnungsfähigkeit des Pferdes.
In einem optimalen, zwanglosen Vorwärts-Abwärts längt sich über das Nackenrückenband der Hals, der Rücken und auch die Muskulatur der Hinterhand. Und damit das bei Pferden unterschiedlichen Exterieurs gut funktioniert, muss eine effiziente Dehnungshaltung für unterschiedliche Pferde so unterschiedlich aussehen.
Warum für ein- und dasselbe Pferd verschiedene Dehnungshaltungen förderlich sein können erläutere ich im nächsten Teil.