Dehnungshaltung 3

Wer weiß, welche gebäudebedingten Stärken und Schwächen sowie interieurbedingten Eigenheiten und Vorlieben sein Pferd hat, findet leichter die Haltung und das Tempo, die dieses Pferd ins Gleichgewicht bringen und es ihm ermöglichen, auch unter dem Sattel in der Dehnungshaltung seine Balance zu finden.

Pferden mit sehr kurzen Rücken (z. B. arabische Pferde) oder sehr dicken Hälsen (z. B. Ponys vom Urtyp) die zudem noch sehr hoch angesetzt sind (z. B. iberische Pferde) fällt das Dehnen in die Tiefe oft schwer. Eine Dehnungshaltung für diese Typen kann dann entweder im Schritt bei völlig losem Zügel oder bis etwa Maul auf Buggelenkshöhe förderlich sein. Für ein typisches Warm- oder Vollblut im Rechteckformat mit tief angesetztem, leichtem Hals entsteht in solch einer Haltung oft noch gar keine sinnvolle Dehnung. Sie müssen tiefer kommen oder im Trab oder Galopp gedehnt werden. Manche Pferde werden besser in einem langsamen Jog gedehnt und dann erst der Einsatz der Hinterhand vermehrt gefordert, andere brauchen eher einen flotten Arbeitstrab, um sich loszulassen. Denn auch das Temperament des Pferdes spielt eine Rolle.

Ein sehr reduziertes Trabtempo kombiniert mit einem einladenden Dehnen am losen Zügel hilft vielen Pferden am Anfang der Reiteinheit schnell zur Losgelassenheit. (© T. Götz)

Zwei Beispiele: Mein erstes Pferd kam in einer tiefen Dehnung – Nase unterhalb des Karpalgelenks – am losen Zügel im Schritt und danach einem langsamen Jog am schnellsten zur Losgelassenheit. Kam es im Laufe der weiteren Arbeit zu einer kurzfristigen Verspannung – etwa weil ich selber im Sattel festmachte – reichte es aus, es in der jeweiligen Gangart kurz in eine tiefe Dehnung zu entlassen, um mit einem wieder entspannten Pferd weiterarbeiten zu können. Mein zweites Pferd konnte mit einer tiefen Haltung nur im Schritt etwas Sinnvolles für seinen Körper anfangen und das auch nur zur Entspannung nach erbrachter Leistung; Gelöst hat es sich am besten in einem Arbeitstrab mit gedehnter Oberlinie und dem Genick in derselben Höhe wie der Widerrist.

Auch wenn starre Richtlinien zur Tiefe und Tempo beim Vorwärts-Abwärts keinen Sinn machen – zwei sinnvolle Anweisungen gibt es: Das Pferd muss bei der Dehnung in seinem Gleichgewicht bleiben und die Nasenlinie darf nicht hinter die Senkrechte. Pferden, die bislang zu eng geritten wurden, fällt es anfangs oft schwer, die Nase weiter vor zu nehmen und mit langem Hals in ihrer Selbsthaltung zu bleiben. Helfen können meiner Erfahrung nach entsprechende Abkauübungen im Stehen sowie Arbeit an der Hand.

Immer gilt: Ausprobieren, in welchem Rahmen und welchem Tempo das Pferd sein Gleichgewicht in der Dehnung am besten finden kann.

Wie prüft man für das jeweilige Pferd die optimale Dehnung? Eine Antwort darauf und mehr praktische Tipps im nächsten Beitrag …