Ein Hoch auf den Widerrist

Das Pferd soll sich unter dem Sattel im Widerrist anheben, sagen die einen. Die anderen sagen, es soll die Schulter fallen lassen. Was ist denn nun richtig? Ganz einfach: beides! Aber das Anheben im Widerrist ist die anatomisch korrekte Formulierung. Warum ist ganz einfach erklärt …

Noch mal kurz zur Erinnerung: Das Pferd hat kein Schlüsselbein. Sein ganzes Rumpfgewicht und das Reitergewicht werden von Muskeln, Sehnen und Bändern zwischen den Schultern gehalten.

Ist das Pferd nicht entsprechend trainiert, sackt der Rumpf mit Reiterin* schnell zwischen den Schulterblättern ab. Trageermüdung nennt man das. Ist das der Fall, kann das Pferd sich nicht mehr gesunderhaltend physiologisch bewegen. Verspannungen, Blockierungen und später Lahmheiten und Arthrosen sind die Folge.

Wenn das weiter ausgebildete Pferd korrekt über den Rücken geht, wird es größer, es hebt sich im Widerrist an. Lässt es dabei die Schuler fallen? Nein, aber das sieht von außen so aus. Denn die Dornfortsätze der Wirbelsäule ragen nun höher zwischen den Schulterblättern heraus.

Über den Reflexpunkt zwischen den Schulterblättern lässt sich der Widerrist anheben – die Ellbogen befinden sich auf einer Linie. (© C. Götz)

Für Reiterinnen* sollte es sich allerdings so anfühlen, dass das Pferd vor einem größer wird, auch die Selbsthaltung verbessert sich. Für das Heben des Widerrists zwischen den Schulterblättern unter dem Sattel braucht das Pferd bereits Tragfähigkeit und den sicheren Anschluss der Hinterbeine.

Ein junges Pferd kann dies noch nicht leisten, ihm muss man gestatten, über die obere Verspannung und angepasste Belastung ein Absinken des Rumpfes zwischen den Schulterblättern zu vermeiden. Übrigens: Dies ist mit ein Grund, Pferde möglichst vielseitig und im Gelände auszubilden. Auf unterschiedlichen Untergründen und mit vielen Bewegungsmustern wird die Schulteraufhängung vielfältig trainiert und mobilisiert. So bleibt der Bereich offen.

Viele Pferde haben in diesem Bereich leider durch einseitiges oder falsches Training Verspannungen, fasziale Verklebungen und Blockierungen (zumeist im Übergang der Hals- zur Brustwirbelsäule). Eine tolle Übung um dies zu vermeiden gibt es im nächsten Beitrag.

* Man kann auf viele Arten gendern – auch so.