Fallbeispiel Rehe

Die Stute hatte zum Zeitpunkt des Besitzerwechsels mit acht Jahren bereits mehrere schwerwiegende Reheschübe über einen Zeitraum von vier Jahren an allen vier Hufen erlitten. Sie war stark übergewichtig (BCS 8–9), wurde nicht gearbeitet und lebte in einem Offenstall mit 24/7-Heu- und Weidezugang.

Als die Stute übernommen wurde, wurden die vernachlässigten Hufe regelmäßig bearbeitet und zudem versucht, über die zum jeweiligen Zeitpunkt mögliche Bewegung, Gewicht zu reduzieren. Mit Hufschuhen und entsprechend ausgewählten Wegen wurde das Pferd zu Fuß oder als Handpferd soweit vorbereitet, bis Reiten möglich war.

Der rechte Vorderhuf im Verlauf von knapp vier Jahren immer direkt nach der Hufbearbeitung. Optisch sieht auf den ersten Blick der Huf auf dem dritten Bild von oben am besten aus. Hier musste aber im Vergleich zum untersten Bild (dem aktuellsten Huf) noch wesentlich mehr Horn an der Zehe weggenommen werden und die Leistungsfähigkeit des Barhufs war noch nicht so gut, wie zum Zeitpunkt des untersten Bildes. (© privat/C. Götz)

Eine weitere Optimierung der Haltung in einen anderen Offenstall – aber mit weniger Stress für das Pferd in der Herde – brachte eine weitere Verbesserung. Zudem wurde die Hufbearbeitung weiter optimiert, indem die Zehe und die Trachten stärker bearbeitet wurden als bisher. Eine weitere Optimierung der Bearbeitung bei der noch mehr darauf geachtet wurde, hebelnde Wände zu vermeiden und den Huf in eine bessere Balance zu bringen, brachte eine weitere Steigerung der Bewegungsqualität des Pferdes.

Nachdem die Bewegung unter dem Sattel immer weiter gesteigert werden konnte, war das Gewicht kein Thema mehr. Bis auf kurze Phasen des Anweidens und des Wechsels auf neue Weiden, in denen ein Weidemaulkorb zum Einsatz kam, wurde das Pferd im Offenstall gehalten: bei freiem Zugang zu Heu und etwas Futterstroh.

Rückschläge gab es in dieser Zeit durch Hufgeschwüre und eine beginnende Winterrehe. Erstere waren auch in der amerikanischen Studie (aus dem letzten Beitrag) im Lauf der Therapie vorgekommen. Nach deren Abheilung war stets eine weitere Verbesserung der Hufsituation beobachtbar. Der winterliche Reheschub war vermutlich durch eine Kombination verschiedener Faktoren ausgelöst worden – darunter ein Fütterungsproblem und mechanische Rehe in Form von beginnenden Hebelwirkungen. Sie wurde frühzeitig erkannt und mit Homöopathie erfolgreich behandelt.

Phytotherapie und Homöopathie waren während des gesamten Genesungsprozesses (auch des Stoffwechsels) erfolgreich zum Einsatz gekommen. Begleitend wurde das Pferd in größeren Abständen nach den oben genannten Problemen physiotherapeutisch und osteopathisch behandelt, um den Bewegungsapparat wieder zu entspannen bzw. zu optimieren.

Mein Fazit: Rehepferde wieder zum Laufen zu bringen ist möglich. Allerdings braucht es auch vom Besitzer Hingabe und die Bereitschaft, sich für neue Erkenntnisse zu öffnen.