Ich sehe was …

… was du nicht siehst. Dauerbrenner bei Kindern auf langen Autofahrten und in Reiterforen: Da wird diskutiert, was die Tastatur hält, egal, ob es um die Grundlagen der Ausbildungsskala geht, um die Nase hinter der Senkrechten oder ob eine Reiterhand fein oder grob ist. Nahezu immer bilden sich mindestens zwei Lager: Die einen sehen dies und die anderen etwas gänzlich anderes. 

Wie wirkt das? Mehrere Beobachter beurteilen einzelne Reiter meist deutlich unterschiedlich. (© Andizo, Wikipedia)

Wie wirkt das? Mehrere Beobachter beurteilen einzelne Reiter meist deutlich unterschiedlich. (© Andizo, Wikipedia)

Um zu verstehen, was da passiert, sollte man sich am besten folgendes vor Augen führen: Haben Sie schon mal fünf oder zehn Jahre alte Reitbilder von sich nach langer Zeit wieder angeschaut. Bilder, auf die Sie damals richtig stolz waren. Was geht das Pferd toll, wie saß man doch gut im Sattel. Und nach der langen Zeit fällt Ihnen beim Betrachten der Bilder die Kinnlade runter und Sie sehen ein Pferd, dass doch ziemlich auf der Vorhand läuft und einen Reiter der klemmt oder den Absatz hochzieht, der sich im Schultergürtel verwirft oder die Hände verdreht.

Dann freuen Sie sich. Denn Sie können diese neue Einschätzung nur gewonnen haben, wenn Sie tatsächlich in der vergangenen Zeit etwas Neues gelernt haben. Entweder haben Sie sich auf Ihrem begonnenen Ausbildungsweg weiterentwickelt oder Sie haben neue Aspekte aus anderen Reitweisen gewonnen.

Aber egal welchen Ausbildungsstand der Betrachter hat – Fakt ist zudem: Beim Beurteilen von Bildern oder Videos leiten uns unsere inneren Bilder. Diese entstehen durch das Beobachten anderer Reiter oder von uns selbst. Und diese inneren Bilder sind nun mal unterschiedlich.

Damit es jedoch zu den – häufig sehr emotional geführten – Diskussionen kommen kann, spielt noch etwas eine große Rolle. Die empirische Psychologie kommt diesem Aspekt in letzter Zeit immer mehr auf die Schliche. Es geht in erster Linie darum, wie diese Themen von unserem Gehirn verarbeitet werden. Und da haben Wissenschaftler einiges an Überraschungen erlebt. Mehr darüber in einem der nächsten Beiträge.