Kein „falscher Fuß“

Im vorigen Beitrag habe ich dargelegt, dass es den „falschen Fuß“ beim Leichttraben nicht gibt. Vielmehr sollte man unterscheiden, auf welchem Hinterbein man bei diesem Pferd, bei dieser Lektion, auf dieser Hand, zu diesem Ausbildungsstand oder dieser Tagesform einsitzt. Damit wäre eigentlich …

… bereits alles zu dem Thema gesagt, was es zu sagen gibt. Scherz beiseite, ich erkläre mal, was ich meine. Der Einfachheit halber werde ich weiter vom falschen und vom richtigen Fuß sprechen.

Es gibt Pferde, die sind zu Beginn ihrer Ausbildung (und auch immer wieder im Wachstum zwischendurch) sehr schief. Dann kann es hilfreich sein, generell oder auf gebogenen Linien „falsch“ leichtzutraben. Vielen hilft das – oft auf einer Hand noch mehr als auf der anderen –, besser ausbalanciert durch die Ecken oder auf dem Zirkel zu traben. Zudem ist die diagonale Hilfengebung (innerer Schenkel/äußerer Zügel) und somit das Führen am äußeren Zügel auch für Reiterinnen* leichter umzusetzen, wenn im Moment des Einsitzens die innere Schulter Standbein ist, man also auf dem falschen Fuß leichttrabt. Auch die weiteren biomechanischen Zusammenhänge (siehe Zeichnung) erklären Vorteile dieser Variante.

Biomechanisch passiert, etwas überzeichnet, folgendes: Wenn auf der linken Hand auf dem inneren Hinterbein leichtgetrabt wird (Bild links), kommt der Rippenkasten des Pferdes im Moment des Einsitzens vermehrt an die innere Wade, die äußere Wade fällt an die wegschwingende Seite. Wird auf dem äußeren Hinterbein leichtgetrabt (Bild rechts) rotiert der Rippenkasten im Moment des Einsitzens an die äußere Wade, die innere fällt ans Pferd. (© C. Götz)

Bei Pferden, die treibende Hilfen nicht so gut annehmen, kann Leichttraben auf dem falschen Fuß den Fleiß fördern. Denn das Treiben beim Einsitzen spricht dann das Hinterbein an, das in der Bahn – vor allem in Wendungen – den längeren Weg hat.

Häufiges Umsitzen vom inneren auf das äußere Hinterbein als Übung erhöht die Aufmerksamkeit der Pferde. Insofern kann wiederholtes Leichttraben auf dem falschen Fuß auch helfen, Übereifer und Eilen zu bremsen.

Bei Übungen wie Zirkelverkleinern und wiederholtem Aus-dem-Zirkel-wechseln (große Achten reiten) kann ein Leichttraben auf dem falschen Fuß tolle Effekte in Sachen Balance, Selbsthaltung und Gymnastizierung ergeben.

Im Schulterherein und Renvers kann der Wechsel des Fußes vom richtigen zum falschen helfen, Tempo und Takt beizubehalten.

Doch nicht nur jungen Pferden kann man mit dem Wechsel des Hinterfußes auf dem man trabt helfen. Auch Pferde die gesundheitliche Probleme in Form von Verspannungen oder Arthrosen haben kann man – natürlich immer im Rahmen ihrer Möglichkeiten – auf dem äußeren Hinterbein trabend einsitzen, wenn dies ihren Problemen entgegenkommt.

Auch wenn sich ein Pferd, aus was für Gründen auch immer, verspannt oder wegdrückt, kann der Wechsel des Fußes eine Möglichkeit sein, es im Leichttraben wieder zu lösen und zu sich zu holen.

* Gendern mit dem generischen Femininum. Darum.