Sitzen: Sechs

Immer wieder sitze ich auf Kundenpferden – normalerweise auch in deren Sattel. Neulich war das mal wieder so eine moderne Dressurquetsche: Tiefsitzer mit recht viel Pausche. Danach fiel mir der Spruch von einem Sattler ein, dem ich vor Jahren mal zur Fortbildung über die Schulter schauen durfte.

„Die können doch alle ohne die Dinger gar nicht reiten“, war sein gnadenloses Urteil. Gemeint waren durchaus erfolgreiche Turnierreiter – auch Kadernachwuchs. Ich will ihm da gar nicht widersprechen; damals nicht und heute auch nicht. Allerdings habe ich an diesem Tag festgestellt: Ich kann in den Dingern nicht mehr reiten. Jedenfalls nicht so, wie ich möchte – schön geschmeidig mit dem Sitz.

Der Sattel hätte mir von der Größe und der Blattlänge grundsätzlich gepasst – wobei ich mit meinen Abmessungen da sowieso selten Probleme bekomme. Dennoch hab ich mich unangenehm eingesperrt gefühlt. Keine Möglichkeit, die Hüfte entspannt nach vorne zu nehmen. Keine Chance, den Rippenkasten zum Rotieren zu bringen, indem man einfach das Knie los- oder den Sitzbeinhöcker geschmeidig absinken lässt. Bei allem was ich sonst in meiner flachen Dressurpritsche ohne jeglichen Aufwand für mich machen kann, brachte mich dieser Sattel sofort an irgendeine Grenze und aus dem Konzept. Dabei war das Pferd ein Traum: elastisch, fein und intelligent.

Aber der Sattel lies mir kaum Möglichkeiten: Jede Aktion musste mit deutlich mehr Aufwand ausgeführt werden. Meine Reaktion darauf war, sofort mit etwas mehr Anspannung, etwas mehr Druck arbeiten zu wollen, oder eben zu verspannen. Immer wieder musste ich ganz bewusst loslassen, mich zurücknehmen, damit ich feine Hilfen geben konnte.

Pauschenloser als bei diesem älteren Stübben-Sattel geht es praktisch nicht. (© BLW, Wikipedia)

Pauschenloser als bei diesem älteren Stübben-Sattel geht es praktisch kaum. (© BLW, Wikipedia)

Von dem Reitmeister Willi Schultheis gibt es folgende Anekdote: Er schnitt von den Sätteln seiner Schüler radikal jede Pausche ab. Als einer der so behandelten Sättel wieder bei seinem Hersteller landete, machte dieser ihm das Angebot, man könne doch gleich einen Sattel ohne Pauschen bauen. Und es gibt sie tatsächlich auch heute noch zu kaufen. Ansonsten wird man pauschenlos häufig fündig, wenn man nach älteren Sätteln sucht.

Wer für einen besseren Sitz von einem extrem bepauschten Dressursattel umsteigen möchte wird sich allerdings erst einmal eher haltlos fühlen. Welche Möglichkeiten es gibt, sich darauf umzustellen, und wie man es sich und dem Pferd erleichtern kann, dazu mehr im folgenden Beitrag.