Unsere Aussagen bestehen aus diesen Satzgliedern. Man kann die Regel auch auf Pferde übertragen. Wenn man wissen möchte, was sie sagen, hilft es, sich klarzumachen, dass sie mit ihren Körperteilen quasi Sätze bilden: So kommt man nicht in die Versuchung nur auf einen alleine zu achten …
Denn: Das Pferd (Subjekt) spricht (Prädikat) immer mit mehreren Körperteilen (Objekt) gleichzeitig. Wer nur auf die Ohren schaut, um einen Gemütszustand zu beurteilen, kann sich irren. Denn das Maul und die Nüstern, die Augen sowie der Hals und der gesamte Rest des Körpers geben eine bessere Einschätzung, was das Pferd gerade kommuniziert.
Zurückgelegte Ohren allein bedeuten noch keine Aggression, wie auch das Bild rechts zeigt: Der Gesichtsausdruck aus rückwärts gerichteten Ohren, angespanntem Leerkauen und einem (für dieses Pferd) kleinen Auge mit nach innen gerichtetem Blick entstand, als die Anforderung, für ein Foto frei im Vorhang stehenzubleiben von einem höherrangigen Pferd gestört wurde. Die Folge aus diesem Zwiespalt war, dass die junge Stute sich entschloss zu weichen.
Typische Situationen, in denen das Pferd die Ohren ohne eine aggressive Komponente zurücklegt, sind:
- Entspannung (dabei sind die Augen oft halb geschlossen, das Maul ist entspannt; häufig wird ein Hinterhuf entlastet)
- Unsicherheit (dabei ist das Maul oft verspannt; die Augen zeigen Falten oder einen nach innen gerichteten Blick und der Schweif wird nicht getragen)
- Konzentration (Maul und Auge sind in der Regel entspannt oder zeigen andere Zeichen der Konzentration, wie Kauen oder einen wachen, offenen Blick; der Schweif wird üblicherweise getragen)
Zurückgelegte Ohren sind auch typisch für das so genannte Spielgesicht (das sonst vor allem durch weit offene Augen und wechselnde körpersprachliche Signale charakterisiert ist), das Putzgesicht (mit oft halb geschlossenen Augen und seitlich-rückwärts gestellten Ohren vor und während der gegenseitigen Fellpflege) und das Demutsgesicht (eine Art Nichtangriffspakt mit einem meist recht kleinen, nicht fokussierenden Auge und oft etwas enger angelegten, aber nicht versteiften Ohren).
Bei einer Drohung sehen zurückgelegte Ohren meist steifer und spitzer aus. Nur bei aggressivem Verhalten liegen die Ohren wirklich eng am Kopf an. Übrigens: Die Ohren an den Hals zu pressen ist im Falle eines Kampfes sinnvoll, da der Gegner sie dann nicht so leicht mit den Zähnen packen kann.
Im nächsten Beitrag zeige ich anhand einer Fotostrecke, wie sehr die Eindrücke täuschen können, wenn man nicht alle vorhandenen Informationen einbezieht.