Als Teenager hatte ich Unterricht in einer Reitschule, die einen Traber als Schulpferd hatte. Er ging mit uns die meiste Zeit so genannten Schweinepass. Bei ihm handelte es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um einen töltenden Traber. Schon dieses Pferd hat mich zum Hinspüren erzogen …
… denn man wollte es natürlich schaffen, ihn in den Trab zu bekommen – auch wenn er dann lange nicht so sitzbequem war. Heute bin ich mir sicher, dass dieses Pferd auch einen sehr energetischen Tölt hätte gehen können. Tölter, oder Zelter, wie sie genannt wurden, waren vor allem im Mittelalter weit verbreitet, weil der weich zu sitzende schnelle Viertakt, der heute Tölt genannt wird, bequemes Reisen ermöglichte.
Bereits in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die ersten Islandpferde nach Deutschland importiert und mit ihnen die beiden zusätzlichen Gänge Tölt und Rennpass. Heute entdecken immer mehr Reiter, denen die Isländer zu klein und zu sehr Pony sind, die Faszination des Gangpferdereitens auf größeren Rassen wie dem American Saddlebred, Tennessee Walking Horse, Missouri Foxtrotter, Paso Peruano und Paso Fino, Mangalarga Marchador, Aegidienberger oder eben auf töltenden Trabern. Allen gemeinsam ist eine vierte oder sogar fünfte Gangart, die sich aber von Rasse zu Rasse etwas unterscheidet.
Unterschiedlich sind innerhalb des Überbegriffs Gangpferdereiten, die Reitweisen und Ausrüstungen, die oft an der Herkunft der Tiere gekoppelt sind. Isländer werden traditionell mit Wassertrense, hannoverschem Reithalfter und einem Sattel, der Dressur- und Vielseitigkeitssattel vereint, geritten. Die südamerikanischen Vertreter sieht man oft mit Bosal oder Kandare und Sätteln, die an die iberische Reitweise erinnern.
Ich habe vor einem Vierteljahrhundert das erste Mal mit professionellem Gangpferdereiten zu tun gehabt und rückblickend guten Unterricht bei einem Lehrgang in Österreich bekommen. Das hat mir ein Plus an Mobilität für meinen Sitz gebracht und mehr Verständnis für biomechanische Zusammenhänge.
Vor einigen Jahren durfte ich mehrfach feststellen, dass ein geschmeidiger, funktionaler Sitz ausreicht, um Gangpferde tatsächlich korrekt reiten zu können, auch wenn man das Gangpferdereiten selbst nicht gelernt hat. Im Umkehrschluss kann ich diese Erfahrung nur jedem empfehlen, der an seinem Sitz unter diesen Aspekten arbeiten möchte.