Tierischer JoJo-Effekt

Immer wieder erlebe ich, dass Pferde, die wirklich gut abgenommen haben – zumeist weil die Halter nach einer Erkrankung die Notbremse ziehen mussten – dann doch wieder zunehmen. Gibt es also einen JoJo-Effekt auch beim Pferd? Kurz gesagt: Es gibt einen Faktor, der dabei eine entscheidende Rolle spielt. 

Ich habe ihn am eigenen Leib erfahren: Als ich vor kurzem fast 10 Kilo abgenommen habe, musste ich feststellen, dass ich jetzt sehr viel weniger essen darf als vorher, wenn ich nicht wieder zunehmen möchte: Mit 65 kg Körpergewicht beträgt mein Grundumsatz 1332 kcal. Mit 10 Kilo weniger liegt er nur noch bei 1236 kcal.

Eine halbe Tafel Schokolade täglich, die man nicht mehr essen darf, ist nach einer Diät schnell beisammen. (© John Loo, Wikipedia)

Der Grundumsatz stellt aber nur die Menge an Kalorien (kcal) dar, die der Körper baucht, damit wir überleben: Sie werden für die Atmung benutzt, und um den Stoffwechsel in Gang zu halten. Im Schlaf verbrauchen wir nur den Grundumsatz. Wenn wir uns tagsüber bewegen, kommt der Leistungsumsatz dazu: Dazu zählen der Job, der Sport und die Hausarbeit.

Mache ich nun mit 65 kg 8 Stunden leichte Arbeit plus 80 Minuten moderaten Sport, verbrauche ich damit zusätzlich zum Grundumsatz 1139 kcal. Mit 10 Kilo weniger schlägt das gleiche Pensum nur noch mit einem Kalorienverbrauch von 964 kcal zu buche. Grund- und Leistungsumsatz ergeben den Gesamtverbrauch: Mit 55 kg sind es 2200 kcal und damit deutlich weniger als der dicke Gesamtverbrauch von 2471 kcal pro Tag. Das entspricht etwas mehr als einer halben Tafel Schokolade, die ich nun nicht mehr essen kann, ohne dass ich wieder zunehme. (Denken Sie sich an dieser Stelle einen sehr traurigen Jammer-Emoji!)

Man kann also deutlich mehr Kalorien zu sich nehmen, wenn man dicker ist. Isst man dieselbe Menge Kalorien, wenn man wieder dünner ist, nimmt man automatisch wieder zu. Woran liegt das genau?

Hat der Körper mehr Gewicht, braucht er schon bei völliger Ruhe mehr Energie, um alle Prozesse in Gang zu halten. Ein Großteil der Energie wird für die Aktivität von Leber und Skelettmuskulatur verwendet. Die Skelettmuskulatur ist bei einem dickeren Körper zwar prozentual niedriger, als bei einem dünnen – absolut gesehen hatte ich aber mit 65 kg Gewicht mehr Muskulatur als mit 55 kg. Denn der Körper braucht sie, um das höhere Gewicht zu stabilisieren. Und weil er sie natürlich auch für die Bewegung benötigt und es mehr Kraft kostet, einen schweren Körper zu bewegen, darf ich als Moppel mehr essen, ohne weiter zuzunehmen.

Das ist genau die Falle, in die viele tappen, nachdem sie erfolgreich abgenommen haben. Sie essen nach der Diät ähnliche Mengen wie vorher und haben ruckzuck wieder alle Kilos drauf.

Beim Pferd ist es nicht anders: Es braucht rein rechnerisch bei leichter Arbeit 1,5 kg* Heu je 100 Kilo Körpergewicht. Das sind bei einem stark übergewichtigen Pferd von 600 kg 9 kg, um dieses Übergewicht zu halten. Mit einem gesunden, mittleren Gewicht und BCS hätte das selbe Pferd aber nur 500 kg und bräuchte nur 7,5 kg.

Wer nach dem Abnehmen das Pferd wie vorher füttert oder All-you-can-eat erlaubt, wird also schnell wieder ein übergewichtiges Pferd haben.

* Diese Zahl gilt nur, wenn außer Heu nichts sonst gefüttert wird. Kommen Stroh (auch als Einstreu), Weide und Kraftfutter hinzu, wird entsprechend weniger Heu gebraucht.