Wieder eins auf die Nase

Wie gut kennt die FN ihre eigenen Regeln? Das ist meines Erachtens die Frage, die der offene Brief der Tierärztin Dr. Kirsten Tönnies aufwirft, die beim Bundeschampionat die Träger des Tierschutzpreises des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit auswählen sollte.

Zu eng verschnallte Reithalfter zuhauf sind ja trotz Lippenbekenntnis der FN für deren Kontrolle an der Tagesordnung. Da braucht man nur auf irgendein ländliches Turnier gehen oder sich Fotos von großen Veranstaltungen ansehen. „In der LPO ist eindeutig festgelegt, dass zwei Finger zwischen dem Nasenrücken des Pferdes und dem Reithalfter Platz finden müssen“, zitiert die FN in der aktuellen Pressemitteilung zur Preisvergabe ihr Präsidiumsmitglied Dr. Christiane Müller, zudem im Fachbeirat Tierschutz. Die Regel hat etliche ausbildungstechnische, medizinische und tierschutzrelevante (Hinter-)Gründe.

Es scheint aber vielen Reitern leichter, Ausbildungsmängel und mangelnde Durchlässigkeit durch enges Verschnallen zu verbergen. Wenn aber das Kontrollsystem der FN von der Basis weg funktionieren würde, dann wären diese Pferde nicht auf dem Bundeschampionat zu finden. Denn der Weg dorthin führt über erfolgreich absolvierte Turniere. Dass vielfach auf dem Bundeschampionat Nasenriemen weiter geschnallt werden mussten, berichten aber auch Besucher der diesjährigen Veranstaltung im Netz.

In diesem aktuellen FN-Video https://www.youtube.com/watch?v=hAyDOmhX5gg wird anlässlich der Verleihung des Tierschutzpreises gezeigt, wie ein Reithalfter verschnallt werden soll. Allerdings nicht korrekt.

In diesem aktuellen FN-Video wird anlässlich der Verleihung des Tierschutzpreises gezeigt, wie ein Reithalfter verschnallt werden soll. Allerdings nicht korrekt.

Wo aber liegt das ursächliche Problem? Die Verfasserin des offenen Briefes berichtet von Unwillen, die eigenen Regeln umzusetzen. Möglicherweise spielt aber auch blanke Unkenntnis eine Rolle: In dem FN-Video zum Tierschutzpreis wird eine Erklärung gezeigt, bei der knapp zwei Fingerkuppen untergebracht werden, aber sicher keine zwei Finger, wie das genormte Tool, das anhand von Studien zu dieser Thematik entwickelt wurde.

Auch andere Richtlinien werden anscheinend nun ignoriert, wie folgender Satz aus der oben genannten Pressmitteilung zeigt: „Ob sich ein Pferd entspannt, sei besonders gut am hingegebenen, langen Zügel zu sehen.“ Da wird der – in den Richtlinien klar definierte – Unterschied zwischen diesen beiden Zügelmaßen plötzlich eins. Etwas, das für die Veranstaltung von Tönnies klar moniert worden war.

Für mich stellt sich – wie für viele andere – die Frage, was sich ändern müsste, damit diese Probleme angegangen werden können. Ich meine, an erster Stelle steht, sich bewusst zu machen, dass es offensichtlich sogar für sehr weit ausgebildete Pferdemenschen sehr schwer ist, wirklich zu erkennen, wie es einem Pferd geht.