Wer am Wochenende oder im Urlaub auch mal zu anderen Zeiten an den Stall fährt, als sonst unter der Woche, bemerkt oft, dass sein Pferd mehr oder weniger Energie hat, als sonst. Haben Pferde also auch einen Biorhythmus? Und was wird an einem ganz normalen Tag alles von der inneren Uhr geregelt?
Grundsätzlich gilt: Wann das Pferd wie leistungsbereit ist, liegt meist an mehren Faktoren. Auch die innere Uhr kann eine Rolle spielen. Die wichtigsten Biorhythmen für uns als Reiter, sind beim Pferd
- der Schlaf-Wach-Rhythmus,
- der Aktivitätszyklus und
- der Nahrungsaufnahme- und Trinkrhythmus.
Die biologische Uhr beeinflusst im Körper des Pferdes – wie bei uns auch – den Blutdruck, die Körpertemperatur und den Hormonhaushalt. Und wie bei uns Menschen gibt es auch bei Pferden Lerchen und Eulen: Pferde, die zu unterschiedlichen Tageszeiten wach und aktiv sind. Das ist aber sehr viel mehr als bei uns Menschen an die Jahreszeit und die Haltung sowie das Herdenverhalten gebunden.
Studien bei freilebenden Przewalski-Pferden zeigten, dass die Pferde zwar ein festes Grundmuster ihrer Aktivität haben, dieses jedoch auch an veränderte Umweltbedingungen anpassen. Im Frühjahr zeigen die Pferde eine reduzierte Aktivität und grasen stattdessen intensiv, um sich das im Winter verbrauchte Fett wieder anzufressen. Im Sommer verlagern die Tiere ihre Aktivitäten in die Nacht, um Insekten auszuweichen. Auch auf Störeinflüsse von außen reagieren die Pferde mit einer Umstellung ihres Biorhythmus.
In der chinesischen Medizin spricht man von einer so genannten Organuhr. Sie dient dazu, den Zusammenhang zwischen Tageszeit und Organfunktion zur Diagnostik und zur Therapie zu berücksichtigen. Laut dieser Organuhr ist eine wichtige Phase für den Organismus zwischen 19 und 21 Uhr (bei Sommerzeit 20–22 Uhr): Es ist die Zeit der Erholung und Entspannung der Hauptorgane.
Wer erst um diese Zeit zum Reiten kommt und dann immer ein schwer in Gang zu bringendes Pferd vorfindet, sollte es mit anderen Tages- oder Uhrzeiten probieren. Zumindest um festzustellen, ob das Problem wirklich mit der Uhrzeit zu tun hat. Aber auch ohne offensichtliches Problem lohnt ein Versuch: Viele Reiter wissen gar nicht, wie fit ihr Pferd am Morgen sein kann, weil sie selber immer nur nachmittags reiten wollen oder können.
Auch andere Faktoren, Fresszeiten etwa, bestimmen maßgeblich, wie leistungsbereit das Pferd zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Aber hier spielt auch eine Rolle, wie die Fütterung generell gehandhabt wird. Ein Pferd, das den ganzen Tag auf der Koppel mit wenig Bewuchs grasen kann, mit einem Pferd zu vergleichen, das nach dem Tag auf dem Sand-Paddock hungrig seine Hauptportion Heu verdrückt hat, ist nicht wirklich sinnvoll.
Die alte Regel, nach dem Füttern mindestens eine oder sogar zwei Stunden mit dem Reiten zu warten, ist nur bei bestimmten Gegebenheiten notwendig. Bei nur leichtem Training kann man sie in der Regel ganz vernachlässigen. Hier heißt es, den gesunden Menschenverstand einzuschalten: Einem Pferd, das man eben von der 24-Stunden-Raufe aus dem Offenstall geholt hat, etwas Fresspause beim Putzen und Satteln zu geben, reicht in der Regel aus. Umgekehrt sollte man ein Pferd, von dem man weiß, dass es vorher eine längere Fresspause hatte, erst eine halbe Stunde fressen lassen, als es mit leerem Magen zu reiten. Ich kenne auch Pferde, denen es gut tut, wenn man ihnen vor dem Reiten noch einmal einen Eimer voll Wasser anbietet – besonders wenn sie gerade Raufutter gefressen haben.
Es lohnt sich, durch Ausprobieren herauszufinden, wann das eigene Pferd sein Leistungshoch hat.