Der erste Versuch …

… ist meist der Beste. Das Thema kam von verschiedenen Seiten die letzten Tage und Wochen auf mich zu, deshalb werde ich heute mal von meinen Erfahrungen zum ersten Versuch berichten. Und nur damit keine Missverständnisse auftreten: Es ist nicht das berühmt-berüchtigte erste Mal gemeint, …

… (ich wüsste auch gar nicht, was das mit Reiten zu tun hat), sondern jeder erste Versuch, etwas Neues mit dem Pferd zu machen. Anders ausgedrückt: Warum klappt es beim ersten Mal super und dann hat man einen Knoten in den Beinen und im Hirn – egal ob man nun noch einmal aus dem Schritt angaloppieren, eine perfekte Ecke oder eine Traversale reiten möchte?

Jede Reiterin* kennt das Problem. Man bekommt eine Anweisung oder Erklärung oder nimmt sich vor, dies oder jenes nun zu machen – und es klappt beim ersten Mal fantastisch, perfekt, wunderbar. Und dann meinen wir, wir müssten es sofort noch einmal oder sogar besser machen und dann passiert folgendes: Die zweiten und dritten Versuche sind in der Regel schlechter oder es klappt sogar gar nicht mehr. Der vierte Versuch ist vielleicht wieder einigermaßen okay, aber lange nicht so gut wie der erste – aber auch nur wenn wir Glück haben.

Heute weiß man, dass es eher unterschiedliche Areale sind, die bei verschiedenen Anforderungen aktiv sind, als die Gehirnhälften. Dennoch haben diese unterschiedliche Aufgaben. (© C. Götz)

Warum ist das so? Was steckt hinter diesem Phänomen? Auf rein körperlicher Ebene: Wir verkrampfen. Wir entwickeln Ehrgeiz oder eine Erwartungshaltung, statt entspannt zu bleiben und zu fühlen. Wir machen – unbewusst – Druck und das verträgt sich nicht mit feinen Hilfen. Eine andere Erklärung lautet so: Wir gehen vom Spüren ins bewusste Handeln – also von der eher intuitiven vermehrt in verstandesmäßige Gehirnanteile. Immer aber blockieren wir damit uns und das Pferd.

Egal, was nun tatsächlich die Ursache ist: Wie vermeidet man das? Nun zuerst einmal: Wenn’s gut war – lassen Sie es gut sein. Geben Sie dem Pferd eine Pause zur Belohnung und machen Sie danach etwas anderes oder beenden Sie diese Reiteinheit sogar sofort, indem sie absteigen und das Pferd noch zum Abwärmen führen. Für jeden neuen „ersten Versuch“ müssen Sie entspannt bleiben und Ihre Erwartungshaltung abstellen.

Auch für Ausbilder ist es wichtig, entsprechend anzuleiten, beziehungsweise zu erkennen, wann Schluss sein muss. Dem Reitergefühl bei einer geglückten Lektion voll und ganz nachzuspüren und es so auf der reiterlichen Festplatte zu speichern, schafft man nur, wenn es nicht sofort wieder durch schlechtere oder auch nur weniger geglückte Ausführungen zerstört wird.

Nachspüren heißt übrigens auch, sich diesen Moment in Erinnerung zu rufen und sich darüber zu freuen. Viel Spaß beim Verbessern Ihrer reiterlichen Fähigkeiten!

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* Auch Männer sind bei dieser Art zu gendern mit gemeint.