Ab in die Ecke!

Eckerlstehen war in meiner Schulzeit ein probates Mittel, um Unruhestifter auszubremsen. Man könnte meinen, dass die Ecken der Reitbahn deshalb für Generationen Sperrgebiet waren. Nein – Scherz! –, Ecken sind einfach schwer: Das ist vielen klar. Aber nur wenige wissen, wie gut Ecken für Mensch und Pferd sind. Deshalb hier ein paar Argumente und Tipps fürs korrekte Reiten von Ecken.

Was beinhaltet eine korrekte Ecke eigentlich? Die gute Nachricht: Für jeden etwas anderes! Denn junge Pferde werden anders durch die Ecke geritten als weiter ausgebildete. Die schlechte Nachricht: Das korrekte Durchreiten einer Ecke ist sowohl mit einem weniger als auch mit einem weiter ausgebildeten Pferd eine Kunst, die erlernt werden muss.

Ein Pferd einfach um die Kurve laufen zu lassen, schädigt auf Dauer Sehnen, Bänder und Knochen. Ein Pferd um die Kurve zu ziehen oder zu drücken macht das Problem nicht besser – im Gegenteil.

Mi einem weiter ausgebildeten Pferd (blau) kann man die Ecke tiefer ausreiten. Mit einem jungen Pferd (orange) sollte man die Ecken abrunden. Das Pferd muss beim Durchreiten der Ecke dem jeweiligen Radius entsprechend gestellt und gebogen sein. (© C. Götz)

Wer eine Ecke korrekt reiten kann, kann alles reiten, lautet ein alter Spruch. Warum? Zuerst einmal muss das Pferd in der Ecke gestellt und gebogen sein und mit der Hinterhand in Richtung Vorhand spuren – und zwar auf der Linie, die der Reiter gewählt hat. Korrekt gerittene Ecken gymnastizieren also das Pferd, machen es geschmeidige und fördern sein Gleichgewicht.

Wichtig ist aus meiner Sicht, sich klar zu machen: Je weniger man im Sattel noch kann, umso mehr muss man sich bei jeder Ecke konzentrieren. Ein weit ausgebildeter Reiter, der sein fein gerittenes, losgelassenes Pferd am Sitz hat, reitet jede Ecke, indem er das innere Knie sinken lässt – und zwar ohne dass dieser Vorgang den Bereich des bewussten Denkens oder Spürens berührt.

Dem schweren inneren Knie folgt der innere Hüfte nach vorne. Ist der Mensch durchlässig, bringt ihn das automatisch in den Drehsitz: Dadurch kommt die äußere Hüfte nach hinten und die äußere Hand nach vorne. Die Schultern und die Hüften von Pferd und Mensch sind also in diesem Moment parallel. Zudem hat diese Sitzeinwirkung zur Folge, dass der äußere Schenkel automatisch verwahrend und die innere Wade treibend wirkt.

Bis so feines Reiten möglich ist, muss man sowohl für sich selber als auch für das Pferd einen oder mehrere Elemente dieses Hilfenkonzerts einzeln ansteuern lernen. Was den Menschen betrifft sind es zumeist die Hände, die er kontrollieren muss, um nicht zu viel oder das falsche zu machen. Beim lernenden Pferd geht es vor allem darum, die Losgelassenheit zu erreichen, auf den Sitz überhaupt reagieren zu können.

Tipps für die Umsetzung und zum Lernen im nächsten Beitrag.

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* Gendern? Deshalb!