Was ist eigentlich der Drehsitz?

Ich habe den Begriff hier in einigen Beiträgen auch schon verwendet. Aber so richtig definiert habe ich ihn bisher nicht. In letzter Zeit fiel mir auf, dass man viel Verwirrendes über den Drehsitz zu lesen bekommt. Deshalb wollte ich zu diesem Thema ein paar Dinge darlegen, wie sie mir persönlich am besten eingeleuchtet haben.

Vorab: Der Drehsitz kommt nicht nur in den Wendungen (Ecken, Zirkel, Abwenden, Schlangenlinien, etc.) zum Einsatz, sondern auch beim Galopp, in den Seitengängen sowie bei Vor- und Hinterhandwendungen und bei Pirouetten.

Das Prinzip: Die Hüfte des Reiters soll parallel zur Hüfte des Pferdes sein, ebenso wie beider Schultern parallel zueinander ausgerichtet sein sollen. Weil in Wendungen und Seitengängen der Körper des Pferdes von oben betrachtet eine Kurve macht, geht die Linie durch die Schultern in eine andere Richtung, als die Linie durch die Hüfte. Der Rippenkasten des Pferdes, folgt der Bewegung seiner Hüfte. Deshalb hängen die Hüfte des Reiters und des Pferdes zusammen. Die Schultern des Reiters aber sind mit dem Maul des Pferdes verbunden und das wiederum folgt dessen Schultern. Hieraus ergeben sich die beiden unterschiedlichen Richtungen für den Reiter.

Drehsitz meint nicht „verdreht“: Die Differenz (der Winkel) von Hüfte (rot) und Schulter (orange) beim Reiter ist oft gar nicht groß. (© C. Götz)

Was man über den Drehsitz wissen sollte:

  1. Ein korrekt gerittener Drehsitz bewirkt meiner Erfahrung nach, dass das Pferd in erster Linie mit dem Sitz geritten wird.
  2. Reiten aus dem Drehsitz ermöglicht vor allem bei einem schnellen Wechsel von aufeinander folgenden Aufgaben (Übergänge, Wendungen, Seitengänge) feines Reiten.
  3. Die grundsätzliche Position der Schenkel und die Hände des Reiters folgen bei einem entspannt gerittenen Drehsitz automatisch seiner Körperdrehung.
  4. Das Pferd folgt dem Drehsitz des Reiters, weil sich alleine durch die verschiedenen Positionen von Reiterhüfte und Reiterschultern eine Veränderung von Lage und Druck am inneren und äußeren Schenkel ergibt sowie eine Veränderung an innerem und äußerem Zügel.
  5. Die diagonale Hilfengebung und der Drehsitz sind eng miteinander verknüpft und in weiten Teilen sogar identisch.

Was beim Drehsitz vielfach falsch verstanden wird:

  1. Der Differenz (der Winkel) der beiden Linien beim Reiter ist oft gar nicht groß. Ein massives Verdrehen im Oberkörper ist also weder nötig noch zielführend.
  2. Der Drehsitz ist keine fixe Konstante. Er verändert sich mit der Bewegung und der Position des Pferdes. Bereits innerhalb eines Galoppsprungs ändert sich der Winkel.
  3. Beim Drehsitz haben viele Reiter ein Henne-Ei-Problem: Denn einerseits ergibt sich der Drehsitz aus korrekt vorgenommenen Hilfen, andererseits garantiert ein für die jeweilige Aufgabenstellung korrekt eingenommener Drehsitz feine, effektive Hilfengebung.

Wer Übungen zum Drehsitz und weitere Zusammenhänge kennenlernen möchte: Hier die Artikel, in denen ich bereits über den Drehsitz geschrieben hatte: Wie ihn Verspannungen stören können, hier und hier habe ich erklärt, welche gymnastischen Übungen ihn abseits vom Pferd fördern und in diesem Beitrag geht es darum, wie man ihn auf dem Pferd kontrollieren und üben kann.