Der böse Boden

Ich erinnere mich noch, wie peinlich ich es als Kind fand, wenn ich hingefallen war, und eine Tante oder Oma meinte, mich trösten zu müssen, indem sie dem Boden oder dem Möbel die Schuld gab: „Der phöse, phöse Boden …“ kam mir neulich in den Sinn, als wieder einmal ein Reiter behauptete, die Böden seiner Region seien einfach nicht barhufgeeignet.

Wie ich im vorherigen Artikel erklärt habe, braucht es ausreichend Training, um auf Böden, die für den untrainierten oder erst seit kurzem eisenlosen Huf eine Herausforderung sind, zu bestehen. Ganz allgemein aber ist ein Barhuf zu erstaunlichen Leistungen fähig: Stundenlanges Reiten auf harten Böden und Böden mit viel Sohlendruck (wie beispielsweise Schotter) sind möglich, wenn alle Faktoren passen.

Doch welche Faktoren sind das genau?

  1. Die Haltung: Auch ein Offenstall kann wenig förderlich für Barhuf sein, wenn er keine Böden mit Sohlengegendruck hat oder die Pferde diese meiden können. Sohlengegendruck bieten nur Flächen mit gröberem Kies oder Schotter. Alles andere – wie Rasengittersteine, mit Sand befüllte Paddockraster, Boxenmatte oder Beton – liefert keine Trainingsanreize für die Sohle.
  2. Die Fütterung: Bestimmte Futtermittel oder jahreszeitlich bedingte Schwankungen im Gras machen die Hufe empfindlich. Dies kann von Heulage ebenso kommen wie von Hochleistungsgräsern im Frühjahr und im Herbst oder von zu vielen Leguminosen auf der Koppel, etwa Weißklee.
  3. Das Barhuftraining: Wer sein Pferd immer nur auf dem Wiesenstreifen gehen lässt oder immer nur mit Hufschuhen ausreitet, wird genauso wenig Fortschritte in Richtung einem leistungsstarken Barhuf machen, wie jemand der zu selten auf den entsprechenden Böden Meiner Erfahrung nach braucht es mindestens drei einstündige Ausritte pro Woche, um den Barhuf hinreichend zu kräftigen, bei einer Haltung im Offenstall, der zumindest über genügend harten Untergrund verfügt.
  4. Die Bearbeitung: Regelmäßiges, starkes Ausdünnen der Sohle ist der Entwicklung eines leistungsstarken Barhufs in der Regel nicht zuträglich. Die Schmerzen, die hebelnde Wände bereiten können, werden häufig mit Problemen verwechselt, die von der Sohle kommen.

Barfuß kann auch ein Mensch, der viel in Schuhen unterwegs ist, bestimmten Böden erst nach einer Weile Gewöhnung wirklich Spaß abgewinnen. Wer es dennoch ausprobiert, wird aber merken, wie schnell es geht. (© Lorenz Kerscher, Wikipedia)

Die Frage ist letztendlich nur, was man wirklich möchte und was für einen selbst gut machbar ist. Wer die notwenigen Faktoren nicht entsprechend steuern und berücksichtigen kann, kann auf Hufschuhe ausweichen.

Aber bitte nicht dem Boden die Schuld geben. Denn wenn wir selber nach langer Zeit wieder barfuß laufen, würden wir auch nicht den Boden verantwortlich machen …