Tiefer Sitz oder nah am Pferd?

Was macht das Reitgefühl in einem Sattel aus. Da ich in letzter Zeit mehrfach auf das Thema gestoßen wurde, hier mal ein paar Gedanken und Hinweise. Denn viele Reiterinnen beschreiben Dinge, die sie auf dem Pferderücken in verschiedenen Sätteln fühlen durften ganz anders als ein Sattler sie ausdrücken würde.

Fast alle kennen wir das Gefühl in manchen Sätteln quasi über dem Pferd zu thronen oder gefühlt wie im Pferd zu sitzen – so eine Art Zentauer, nur eben auf Höhe der Sattellage.

Und das Gefühl ist oft nur ein Gefühl, weil unsere Muskeln und deren Rezeptoren eine Veränderung an unser Gehirn melden. Dennoch gibt es natürlich auch Sättel, die einen tatsächlich näher am Pferd sitzen lassen als andere.

Dazu tragen ein paar Dinge bei:

  1. Dressurbäume haben mehr Taillierung (siehe Zeichnung unten) als ein Spring- oder VS-Sattel. Heißt: Der Baum verläuft von oben betrachtet mit einer stärkeren Kurve, wird also zur Wirbelsäule in enger. Das bedeutet, dass man die Beine länger machen kann, weil sie sozusagen weniger Weg am Pferd entlang haben. Einen Effekt, den kleine und schmalhüftige Reiterinnen besonders merken.
  2. Zusammen mit einem ausgeprägten Hinterzwiesel und großen Pauschen am Dressursattel, bietet dieser für viele ein Gefühl der Sicherheit – was die gefühlte Nähe zum Pferd vertiefen dürfte. Damit verbunden ist aber ein Minus an Bewegungsspielraum für Reiterbein und -hüfte.
  3. Die Sattelkissen im Bereich der der Schulter können länger oder kürzer sein – letztere werden halbe Kissen genannt und bringen den Sattel und damit die Reiterin näher ans Pferd.
  4. Monoblattsättel haben nur eine „Lage“ Leder zwischen Reiterbein und Pferd.
  5. Sattelkissen können höher oder flacher geschnitten und gepolstert sein, was tatsächlich auch einige Millimeter mehr oder weniger Abstand zum Pferderücken ausmachen kann.

Die Pfeile in Orange zeigen die Breite der Taillierung des Sattelbaums (lila), links der Spring-, rechts der Dressursattel. Die Sattelkissen sind hellgrün markiert. (© C. Götz)

Übrigens: Die Begriffe tiefer, halbtiefer oder flacher Sitz beziehen sich auf die Höhe des Hinterzwiesels. Beim Dressursattel ist der meist sehr hoch (= tiefer Sitz), beim Springsattel und allen anderen Sätteln die Bewegungsfreiheit auch im leichten Sitz erfordern (Polosättel) ist der Hinterzwiesel am niedrigsten (= flach).

Eng mit dem Gefühl in einem Sattel verbunden ist, wie gut Pferd und Reiterin zusammenpassen, wie ich hier schrieb. Und diese Studie zeigte, was mehr Kontakt zum Pferd durch weniger Sattel bewirken kann.