Wunderbar zum Fühlen

Propriozeption – diesen Begriff hört und liest man in letzter Zeit öfter, wenn vom Barhuf die Rede ist. Viele Reiter kennen den Begriff vom so genannten propriozeptiven Training – darunter versteht man beim Menschen Gymnastik auf instabilen Untergründen wie Weichmatte, Schaumkissen, Trampolin oder Wackelbrett.

Spürt viel, ohne fühlig zu sein: ein leistungsstarker Barhuf. (© C. Götz)

Spürt viel, ohne fühlig zu sein: ein leistungsstarker Barhuf. (© C. Götz)

Propriozeption beschreibt die Fähigkeit, den Zustand sowie die Veränderung von Gelenkwinkeln mit Sensoren zu erfassen. Es gibt unterschiedliche dieser Propriozeptoren im Körper: In den Hufen des Pferdes sitzen Nervenenden mit entsprechenden Tastrezeptoren vor allem unter dem Strahl sowie im Ballen. Hier nehmen sie Druck und Vibration wahr. Und das am besten ohne Eisen.

Das hat zwei Gründe: Mit Eisen ist auf vielen Böden kein oder kaum ein Kontakt der betreffenden Bereiche mit dem Untergrund möglich. Außerdem wird durch Eisen der physiologische Bewegungsablauf weg von der Trachte gebracht, die normalerweise zuerst auffußen sollte. Nur dann können die hier sitzenden Propriozeptoren ihre Aufgabe voll erfüllen: den Untergrund wahrzunehmen und über entsprechende Weiterleitung den Bewegungsablauf und die Koordination einzelner Muskelgruppen zu steuern.

Zwischen den Propriozeptoren und dem zentralen Nervensystem herrscht nämlich ein ständiger Abgleich von Ist- und Soll-Zustand. Denn das Nervensystem gibt eine bestimmte Haltung an und die Propriozeptoren überwachen Muskulatur, Sehnen und Gelenke daraufhin. Kommt es zu Abweichungen – durch Reize aus der Umwelt, wie etwa wechselnde Bodenuntergründe – ermöglichen die Propriozeptoren eine sehr schnelle reflexartige Reaktion der Muskulatur und des Bewegungsapparats, um den gewünschten Zustand wieder herzustellen. Die Koordination der Bewegungen von vier Füßen ist so umfassend, dass sie von einigen Wissenschaftlern sogar als Form von Intelligenz verstanden wird. Das zeigen unter anderem auch die Schwierigkeiten beim Bau sich selbst fortbewegender Roboter.

Vom Menschen weiß man: Hält ein bestimmter fehlerhafter Gleichgewichtszustand länger an, wird er als neuer Ist-Zustand akzeptiert. Das führt zu chronischen Fehlhaltungen. Dies ist auch beim Pferd nicht anders und mit ein Grund, warum Pferde, denen die Eisen abgenommen wurden, auch die ursprünglichen, physiologischen Bewegungsabläufe wieder einüben müssen. Zusätzlich zu der Regeneration des Hufes selbst.