… aber deiner ist ja brav!

Immer wieder hören Reiterinnen* von braven Pferden diesen Satz. Dein Pferd ist ja beim Verladen brav, deshalb kannst du wegfahren. Dein Pferd ist ja beim Ausreiten brav, deshalb kannst du ins Gelände. Deiner ist ja in der Gruppe brav … Die Liste ist erweiterbar und jede mit einem wie auch immer „braven“ Pferd kennt die Sprüche.

Dabei vergessen die Besitzerinnen der „Nichtbraven“ einen ganz entscheidenden Faktor: In der Regel haben sich das die Reiterinnen der braven Pferde erarbeitet. Zwar ist es durchaus, wenn auch nicht ausschließlich, eine Frage des Temperaments, wie ein Pferd auf im Ungewohntes reagiert – heftiger oder zurückhaltender, mit Abwehr, Flucht oder indem es einfriert – aber alle Pferde müssen sich an Unbekanntes gewöhnen und lernen, was ihre Aufgabe dabei ist.

Die Besitzerinnen von braven Pferden haben also entweder gute Arbeit geleistet oder jemandem Geld für diese Arbeit gegeben. Das ist die schlechte Nachricht.

Ausritte mit Handpferd oder Hund sind häufiger Anlass für den Spruch „deiner ist ja brav“. (© C. Moosmüller)

Die gute Nachricht ist: Jeder kann diese Arbeit auf sich nehmen. Indem er sich zeigen lässt, was dazu gehört, indem er lernt, dies Schritt für Schritt umzusetzen und indem er sich klar macht – und das ist wahrscheinlich das Wichtigste daran – dass es ein Prozess ist, etwas das jeder lernen musste. Niemandem fällt ein braves Pferd einfach in den Schoß.

Im Gegenteil: Viele brave Pferde sind nur so lange brav, solange ihnen „ihr“ Mensch genau die Sicherheit gibt, die sie benötigen, um brav zu sein. Sonst verlieren viele Pferde ihre Fähigkeit zur entspannten Zusammenarbeit wieder – wenn zwar meist nicht total, so doch oft in Situationen, in denen es darauf ankäme.

Die beste Nachricht an dieser Geschichte ist übrigens: Es haben so viele geschafft, sich ein braves Pferd heranzuziehen und auszubilden; die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, dass Sie das auch hinbekommen.

In diesem Beitrag geht es um eine Grundsatzfrage beim Ausreiten.

Über meine Erfahrungen mit Reitbegleithund habe ich hier geschrieben.

Und wie man sich das Ausreiten erarbeiten kann, darüber berichte ich im nächsten Beitrag.

* Immer noch aus diesem Grund auf diese Art am Gendern.