Selber schuld!

Es gibt ein paar Sätze, bei denen sich mir leicht mal die Haare aufstellen. Einer lautet: „Das kann ich ihm nicht antun.“ Häufig folgt die Aussage nämlich auf den Satz: „Der kann einfach nicht barhuf laufen.“ Wenn es darum geht, ein Pferd nach jahrelangem Beschlag barhuf zu stellen, kann man die Sache mit dem „antun“ nämlich durchaus auch anders sehen …

Dass ein Pferd mit solchen Hufen Probleme im Bewegungsapparat bekommt, ist vielen nicht klar. (© E. Ruhland)

Was gerne vergessen wird, wenn man sich für den Barhuf entscheidet, weil die Hufe so geschädigt sind, dass kein Eisen mehr hält oder man eine Umstellung auf Barhuf als letzte Möglichkeit versucht, weil das Pferd mit Eisen, auch mit Spezial- und Korrekturbeschlägen, nur noch klamm oder lahm geht: Man hat dem Pferd mit Eisen über Jahre die Hufe und/oder andere Teile des Bewegungsapparates kaputt gemacht. Und jetzt beschwert man sich, dass eine Therapie zum Wohle des Pferdes mit Schmerzen verbunden ist.

Das halte ich nicht nur für unlogisch, sondern auch für unehrlich sich selber und dem Pferd gegenüber. Sicher muss man abwägen, ob es aufgrund der diagnostizierten Probleme und der damit verbundenen Prognose zielführend sein kann, einem Pferd eine Umstellung zuzumuten. Sicher wird man auch in einigen Fällen zu dem Schluss kommen, dass eine Euthanasie in diesem Fall eine echte Erlösung ist.

Aber für alle Fälle, bei denen eine Umstellung auf Barhuf eine echte Option ist, hilft kein Jammern und erst Recht kein Rückzieher. Hier sind geeignete Maßnahmen gefragt. Ich kenne wenige Fälle, in denen die Barhufumstellung wirklich problematisch war, aber es gibt sie. Hier eine Liste geeigneter Hilfsmittel und Maßnahmen:

  • Bewegung, Bewegung, Bewegung. Ein Pferd ist ein Lauftier. Die Maßgabe dabei ist: So viel wie möglich, ohne zu überlasten. Hufe regenerieren über Bewegung am besten.
  • Haltungsoptimierung: Offenstall oder zumindest viel freie Bewegung auf der Weide
  • Fütterungsoptimierung: Weniger ist mehr! Übergewicht belastet nicht nur den Stoffwechsel, sondern auch die Hufe und Gelenke.
  • Hufschuhe: Nicht nur zum Bewegen, sondern vorübergehend auch im Stall und auf der Weide.
  • Klebebeschläge aus Kunststoff bereiten den Huf auf Barhuf vor und halten auch, wenn kein Nagel mehr greift.
  • Unterstützung durch Optimierung von Muskeln, Bändern und Faszien durch physiotherapeutische Maßnahmen oder Osteopathie.
  • Unterstützung durch Stoffwechseloptimierung durch Phytotherapie oder Homöopathie
  • Unterstützung durch Schmerzmittel (auch homöopathischer Natur).
  • In manchen Fällen kann man eine weiche Matte oder eine Ecke mit viel Sägemehl anbieten, auf die das Pferd sich stellen kann, wenn es möglichst weich stehen möchte.
  • Regelmäßige Hufpflegeintervalle in nicht zu langen Abständen.

Ich kann jedem Pferdebesitzer in dieser Situation zudem nur dringend ans Herz legen, sich selbst mit der Bearbeitung von Barhufen auseinanderzusetzen, am besten bei einem entsprechenden Kurs für Reiter. Das hat auch den großen Vorteil, dass man besser versteht, welche Prozesse gerade ablaufen müssen. Und das wiederum hilft, sich zu entspannen. Denn das letzte, was ein Pferd mit einer aufwendigeren Barhufumstellung braucht, ist ein Besitzer, der mit Angst, Mitleid oder schlechtem Gewissen auf seine Hufe schaut.