Reiterfigur vs. Pferdeexterieur

Im vorherigen Beitrag habe ich angekündigt, hier über die ideale Reiterfigur aus anatomischer und funktionaler Sicht zu schreiben. Ich kann schon mal spoilern: Es geht auch hierbei um Optik, allerdings nicht nur. Und noch etwas verrate ich vorab: Sie haben diesbezüglich selber unfassbar viel in der Hand.

Wobei, dieses Bild könnte mehrfach in die Irre führen: Sie haben viele Stellschrauben, die Sie selber bedienen können. Zuerst aber einmal zur idealen Reiterfigur.

Ein harmonisches Bild ergibt sich, wenn der Oberkörper des Menschen nicht zu lang ist. Dann kann das Pferd die Reiterin* abdecken. Heißt: Der Hals des Pferdes bietet ein optisches Gegengewicht zum aus dem Sattel ragenden Menschen. Aus funktionaler Sicht kommen Mensch und Pferd leichter in Balance wenn dies gegeben ist. Ein langer, noch unruhiger Oberkörper stört das Pferd alleine aufgrund der Hebelwirkung stärker.

Ernst Ludwig Kirchners Ölgemälde „Reiterin“ zeigt Rosita Schneider und ihr Pferd gleichzeitig aus verschiedenen Blickwinkeln und ist im Kirchner Museum Davos ausgestellt. Das Foto Kirchners zeigt, dass Rosita Schneider etwas zu klein für das mächtige Pferd ist. (© Wikipedia)

Ähnliches gilt für die Beine. Allerdings machen hier vor allem im Verhältnis zum Pferdeleib zu kurze Beine häufig Probleme, wenn das reiterliche Können noch nicht entsprechend fein entwickelt ist. Klemmen und Dauertreiben können bei falscher Ausbildung die Folge sein. Wie lang das Bein auf dem Pferd zu liegen kommt, hängt allerdings auch mit dem Verhältnis von Beckenbreite des Menschen und Rumpfform des Pferdes zusammen, wie ich hier bereits beschrieben habe.

Die ideale Reiterfigur passt also in erster Linie zum Pferd. Von den Proportionen, von der Anatomie und vom Gewicht. Große oder übergewichtige Menschen tun sich im Sattel aus unterschiedlichen Gründen oft etwas schwerer: Mit zunehmender Hosengröße wird es schwieriger einen passenden Sattel zu finden, der optimales Mitschwingen erlaubt. Mitschwingen ist aber wichtig, wenn’s gut aussehen soll, sonst kann das Pferd sich auch nicht frei bewegen. Auch steigender Umfang der Oberschenkel macht einen Sattel von der Stange oft schwierig bis unmöglich, vor allem, wenn die üblichen Riesenpauschen angebracht sind.

Bei der Beurteilung, ob eine Pferd-Reiterin-Kombi funktioniert, müssen Figur und Gewicht der Reiterin immer in Relation zu Größe und Exterieur des Pferdes betrachtet werden. Dennoch ist dick im Sattel aber grundsätzlich doof, wenn man es vonseiten des Pferdes betrachtet: Denn ein kurzer Rücken bietet wenig Platz für den Sattel und damit für die Sitzfläche, und ein längerer Pferderücken ist tendenziell weniger tragfähig.

Mein Fazit: Wer auf dem Pferd gut aussehen will – und wer von uns will das nicht – sollte sich kein zu großes oder zu kleines Pferd kaufen und nicht zu dick dafür werden. Es hat nur Nachteile … für einen selber und fürs Pferd. Für mich persönlich war das vor allem zu Beginn der Wechseljahre mal eine Weile schwierig, wie ich auch in meinem Gewicht-halten-gesund ernähren-Buch beschrieben habe.

Auch aus meiner persönlichen Erfahrung mit zehn Kilo mehr und meinen Beobachtungen als Sitztrainerin kann ich sagen: Mehr Gewicht macht unbeweglicher. Und das erschwert auch das Reiten, denn es ist nur ein vermeintlich statischer Sport. Nicht zuletzt gehört also zur idealen Reiterfigur auch, gegen eigene Verspannungen und Asymmetrien sinnvoll anzugehen und geschmeidig zu bleiben (oder zu werden). Die Pferde danken es!

In den nächsten Artikeln geht es – passend zu diesem Thema übrigens – um Hafer und was er für uns und auch fürs Pferd tun kann.

* Deshalb gendere ich auf diese Art.